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5 Fakten zum brennenden Amazonas-Regenwald
Der Amazonas-Regenwald brennt: Pro Minute vernichten die Flammen eine Waldfläche von fünf Fußballfeldern. Ist das ein Desaster für das weltweite Klima? Fünf Antworten auf drängende Fragen.
1. Steht der ganze Amazonas-Regenwald in Flammen?
In Brasilien wüten die heftigsten Brände seit Jahren. Die Zahl der Feuer stieg nach Angaben der brasilianischen Weltraumagentur INPE seit Anfang des Jahres um 82 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf mehr als 79.000 Brände. In Peru legten die Feuer sogar um 116 Prozent zu, in Bolivien um 107 Prozent. In anderen Ländern wie Ecuador und Kolumbien hingegen war ein Rückgang zu verzeichnen.
2. Gibt es diese Brände nicht jedes Jahr?
Waldbrände kommen in der Region während der Trockenzeit von Juli bis Oktober immer wieder vor. Laut dem Institut für Umweltstudien im Amazonasgebiet (IPAM) legen meist Farmer die Brände, um neue Weideflächen zu schaffen - vor allem dort, wo vorher die Bäume bereits abgeholzt wurden. Dieses Jahr kommen besonders viele Brände vor. Umweltschützer werfen dem rechten Präsidenten Bolsonaro vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zu immer mehr Abholzung und Brandrodung ermutigt sehen.
Tatsächlich berichtete die Zeitschrift "Globo Rural", dass sich im Bundesstaat Pará zuletzt über 70 Personen in einer Whatsapp-Gruppe dazu verabredet hatten, große Flächen entlang der Landstraße BR-163 in Brand zu stecken. Ziel der koordinierten Aktion sei gewesen, den rechten Präsidenten Jair Bolsonaro bei seinem Plan zu unterstützen, die Umweltkontrollen zu lockern, hieß es. Angesichts der verheerenden Brände ermittelt die Polizei nun gegen die Organisatoren.
3. Was sind die Ursachen für die Brände?
Ist der dichte Tropenwald intakt, hat er einen gewissen Schutz gegen die Brände. Die Flammen fressen sich selten in die bis zu 30 Meter hohen Baumkronen durch. Ungewöhnliche Trockenheit und zuvor abgeholzte Flächen bieten den Feuern jedoch Angriffsfläche. Experten gehen davon aus, dass die meisten Feuer durch Brandrodung in abgeholzten Gebieten entstanden sind. Die Brände machten die zuvor erfolgte Waldrodung "sichtbar", so ein Forscher der University of California. Damit verpassen die Feuer dem Ökosystem Regenwald den Todesstoß.
"Die Brände sind die Schlussphase der Entwaldung." Paulo Brando, University of California
Die Welternährungsorganisation FAO macht die Umwandlung in Weideland für 80 Prozent der Verluste an Regenwald in der Amazonasregion verantwortlich. In den vergangenen Jahren ist die Fleischproduktion in Brasilien explodiert - rund 200 Millionen Rinder leben heute in dem größten Land Südamerikas. Die Exporte stiegen laut einer Analyse der Organisation Foodwatch in den vergangenen 14 Jahren um mehr als 700 Prozent.
Was auf den riesigen Weiden und Feldern in Brasilien angebaut wird, landet auch in Europa auf den Tellern. Im vergangenen Jahr verkaufte Brasilien Agrarerzeugnisse im Wert von 14,5 Milliarden Euro an die EU. Durch das kürzlich vereinbarte Freihandelsabkommen zwischen dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis „Mercosur“ und der Europäischen Union könnten es in Zukunft sogar noch mehr werden.
4. Wird der Sauerstoff knapp?
Nein. In einigen Medien kursiert die Zahl 20 Prozent - so groß sei der Anteil am Gesamt-Sauerstoff der Erde, die der Amazonas-Regenwald produziere. Klima-Experten gehen allerdings eher von 6 Prozent aus, die der Amazonas-Regenwald beiträgt. Eine Sauerstoff-Knappheit wird es nicht geben, aber die Brände verstärken den Klimawandel, denn die Feuer setzen in wenigen Monaten mehrere hundert Millionen Tonnen CO2 frei.
5. Müssen wir besorgt sein?
Ja, auf jeden Fall. Tropische Regenwälder - darunter die im Amazonasgebiet - sind ein gigantischer Kohlenstoffspeicher. Die Feuer im Amazonas-Gebiet zerstören einen der weltgrößten CO2-Speicher und eines der wichtigsten Gebiete für die Artenvielfalt. Und sie tragen zu einer schnell fortschreitenden Entwaldung bei: Wissenschaftler warnen davor, dass bald ein „point of no return“ überschritten sein könnte - ein Wendepunkt, an dem der Regenwald irreversibel einer trockenen Savanne weicht. Die Brände unterstützen diesen gefährlichen Trend zu einem Zeitpunkt, zu dem die Erde Milliarden Bäume braucht, um mehr CO2 zu speichern und das Klima zu stabilisieren.
afp/dpa/reuters