Kultur
"Kulturzeit" vom 18.06.2025: Der Kreml und die russisch-orthdoxe Kirche
Die Themen der Sendung: Putin und Kyrill I., Frieden als Prozess - Gespräch mit Jörn Leonhard, Kneecap und BDS, zum Tod von Alfred Brendel, Lokaljournalismus.
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 18.06.2027
Die Themen der Sendung:
Unheilige Allianz - Putin, Kyrill I. und der Krieg gegen die Ukraine
Die russisch-orthodoxe Kirche ist einer der wichtigsten ideologischen Verbündeten des Kreml im Krieg gegen die Ukraine. Patriarch Kyrill segnet russische Soldaten, rechtfertigt das Töten im Krieg als göttlichen Willen und fordert die Gläubigen auf, den "heiligen Krieg" gegen die Ukraine zu unterstützen. Geistliche bringen Ausrüstung an die Front und einige greifen sogar selbst zu den Waffen – und werden im Staatsfernsehen als Helden gefeiert. Auch unter den Priestern gibt es Gefallene. Die Kirche dient als ideologische Stütze des Kreml und verbindet nationalistische Ideologie mit religiöser Rhetorik.
Es gibt orthodoxe Geistliche, die sich öffentlich der Kriegspropaganda widersetzten, die Verquickung von Kirche und Staat kritisierten – und dafür verfolgt und entlassen wurden. Ihnen wird das Priesteramt entzogen, sie dürfen nicht mehr in der Kirche dienen. Viele mussten Russland verlassen und suchten Zuflucht im Ausland – unter anderem in Armenien und Georgien. Beide Länder sind streng orthodox, und die kirchlichen Traditionen ähneln denen in Russland. Dort versuchen die Geistlichen, ihren Glauben trotz des Verlusts ihrer Gemeinden weiterzuleben. Ihre Geschichten stehen im Kontrast zur offiziellen Propaganda und zeigen den persönlichen Preis des Widerstand.
Frieden als Prozess - Gespräch mit Jörn Leonhard
Kriege zu beginnen ist viel leichter als sie zu beenden. Eine Art Binsenweisheit, die uns aber nicht aus der Verantwortung bringt, konkret über die möglichen Wege raus aus einem Krieg nachzudenken - scheint die Situation auch noch so verfahren. Der Historiker Jörn Leonhard tut das in seinem Buch "Über Kriege und wie man sie beendet: Zehn Thesen". Er blickt auf vergangene Kriege zurück und zieht Schlüsse, auch im Hinblick auf den weiter andauernden Krieg in der Ukraine. Wir sprechen mit ihm darüber, wie ein Prozess zum Frieden hin ausssehen kann.
Zum Tod von Ausnahme-Pianist Alfred Brendel
Alfred Brendel galt als einer der bedeutendsten Musiker des 20. und 21. Jahrhunderts und als Genie an den Tasten. Wo der Pianist auftrat, verzückte er sein Publikum. Experten sind sich einig: Besonders die Werke von Beethoven interpretierte kaum einer so meisterhaft wie er. Bereits vor Jahren hatte sich der Österreicher vom Konzertpodium verabschiedet. Am 17. Juni ist Alfred Brendel im Alter von 94 Jahren in London gestorben.
Brendels Klavier-Karriere dauerte über fünf Jahrzehnte. Seine Lieblingskomponisten, die er immer wieder spielte, waren Beethoven, Schubert und Haydn. Er war der erste Pianist, der Beethovens Klavierwerke komplett aufnahm. Aber auch als Liedbegleiter fungierte er, etwa für Dietrich Fischer-Dieskau. Einen einzelnen Höhepunkt in seiner langen Karriere vermochte Alfred Brendel nicht auszumachen. "Ich bin dankbar dafür, dass ich mich über 60 Jahre hinweg ohne Überstürzung entwickeln konnte", sagte der begnadete Pianist im Interview zu seinem 90. Geburtstag der Deutschen Presse-Agentur. "Wie sehr, sehr traurig", schrieb der deutsche Pianist Igor Levit zum Tode Brendels auf X. "Ein einzigartiger Musiker und Künstler, ein Gigant ist gegangen." Im Dezember 2008 hatte Brendel sich endgültig vom Konzertpodium verabschiedet. "Es wäre schön, wenn die eine oder andere meiner eigenen Aufnahmen auch in Zukunft ihre Hörer fände", wünschte er sich damals fast zu bescheiden. Wir erinnern an den großen, uneitlen Pianisten, der auch als humorvoller Autor ein großes Publikum fand.
Die Band Kneecap und der BDS
Das nordirische Rap-Trio Kneecap ist seit jeher propalästinensisch - so radikal, das Teile des Auftritts beim Coachella-Festival nicht ausgestrahlt wurden. In England riefen sie danach angeblich zum Mord an Tories auf und - ebenfalls angeblich - waren Rufe wie "Es lebe die Hamas, es lebe die Hisbollah" zu hören. Davon distanziert sich das Trio, doch seither ermittelt die britische Anti-Terror-Behörde. Bemerkenswert ist die Solidaritätswelle für die Gruppe: Bands wie Pulp, Massive Attack, Primal Scream oder auch Brian Eno sprachen sich für das Recht auf Meinungsfreiheit aus. Wie fest hat die Israel-Boykottbewegung BDS die britische Musikszene im Griff?
Lokaljournalismus-Projekt "Spatz" in der Schweiz
Der Journalist Hannes Grassegger hat in Reportagen und Büchern jahrelang aus erster Hand weltweit die massiven gesellschaftlichen Veränderungen durch die Digitalisierung erforscht. 2014 warnte er davor, was passieren könnte, wenn eine adverse Person beispielsweise Facebook aufkaufen würde. Dann deckte er den Cambridge-Analytica-Fall auf und sah aus erster Hand, dass die Demokratie real bedroht ist. Seit 2020 widmet er sich, auch aus Sorge um die Schweizer Demokratie, dem Projekt Dorfzeitung. Hintergrund ist, dass es in Folge der Medienkrise vielerorts keine Lokalzeitung mehr gibt. In den letzten Monaten hat Grassegger nun ein Verfahren entwickelt und erprobt, mit dem man schnell und einfach Dorfzeitungen starten kann.