Kultur

"Kulturzeit" vom 08.04.2024: Anleitung zur Demokratie

Die Themen der Sendung: Friedemann Karigs Anleitung zum Protest - Gespräch mit Paulina Fröhlich, das Salzkammergut und die Raubkunst, Flatz am Burgtheater, Peter Sodann, "Der Trost der Flipper".

Produktionsland und -jahr:
Deutschland 2024
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 31.05.2024

Die Themen der Sendung:

How to: Protest! - Gespräch mit Paulina Fröhlich

Bauernproteste, Demos gegen rechts und ziviler Ungehorsam fürs Klima: Auf Deutschlands Straßen wird protestiert. Friedemann Karig geht in seinem Buch "Was ihr wollt" der Frage nach, wie Protest wirklich wirkt – und wann er scheitert. Wir sprechen mit Paulina Fröhlich. Sie ist stellvertretende Geschäftsführerin und verantwortet den Schwerpunkt "Resiliente Demokratie" des Berliner Think Tanks Das Progressive Zentrum.

Flatz am Burgtheater

Die "Perlenrede" Adolf Hitlers am 9. April 1938 von einem provisorischen Holzbalkon am Rathaus vor tausenden Österreicherinnen und Österreichern war der Höhepunkt eines mit modernsten Mitteln in allen verfügbaren Medien und allen öffentlichen Orten Wiens geführten "Wahlkampfes", der schließlich und im Zusammenspiel mit repressiven Maßnahmen zu einer mit 99,6 Prozent überragenden Zustimmung zum realiter bereits einen knappen Monat zuvor vollzogenen "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich führte. Das Burgtheater war damals der fahnengeschmückte Hintergrund der faschistischen Masseninszenierung. Der Aktionskünstler Flatz wird 86 Jahre später auf spektakuläre, ironische und selbstreflexive Weise an diese Ereignisse erinnern. Durch eine Bespielung der Außenfassade mit Fahnen und spiegelbildlichem Holzbalkon, die Ausstellung "Hitler, ein Hudeleben" im Foyer und eine Aufführung, unter anderem mit Bibiana Beglau auf der Bühne des Burgtheaters, werden in Zeiten starker rechtsextremer Tendenzen in der nationalen, europäischen und globalen Politik Zeichen und Rhetoriken populistischer und faschistischer Propaganda, nationaler Kriegstreiberei und eindimensionaler Welt- und Menschbilder entzaubert, der Lächerlichkeit preisgegeben und so gegen sich selbst gewendet.

Das Salzkammergut und die Raubkunst

Das Salzkammergut war während des Zweiten Weltkriegs wie keine andere Region in Österreich Umschlagplatz und Bergungsort von bedeutenden Kunstwerken der europäischen Kunstgeschichte, darunter auch NS-Raubkunst. Die Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024 widmet sich diesem Aspekt in drei Ausstellungen. Im Lentos Museum in Linz sind unter dem Titel "Die Reise der Bilder" rund 80 Werke zu sehen, die allesamt in Altaussee im Bergwerk eingelagert waren – und jetzt zum Teil erstmals wieder in Österreich zu sehen sind.

Auch Comickünstler Simon Schwartz setzt sich mit der wechselvollen Geschichte des Altausseer Salzbergs auseinander. Er hat eine Graphic Novel zur Geschichte des Salzkammerguts gestaltet und thematisiert darin unter anderem die im Bergwerk versteckten Bilder und deren Rettung - die auch schon Thema im Film "Monuments Men" mit George Clooney waren. Schwartz' Bilder sind im Steinberghaus Salzwelten Altaussee zu sehen.

Zum Tod von Peter Sodann

Der Schauspieler, Regisseur und Theaterintendant Peter Sodann ist tot. Der frühere "Tatort"-Kommissar starb nach Angaben seiner Familie am 5. Februar im Alter von 87 Jahren in Halle. Er sei friedlich eingeschlafen. Politiker würdigten ihn am Sonntag als großen Theatermann, außergewöhnlichen Schauspieler und engagierten Demokraten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, "mit Peter Sodann verlieren wir einen wunderbaren Schauspieler und Intendanten, aber vor allem einen Künstler, Denker und Menschenfreund", der für seine Haltung stets mutig einstand und ein tatkräftiger Gestalter war. Nicht nur in seinem künstlerischen Werk, sondern auch mit seinem politischen und ehrenamtlichen Engagement werde er in Erinnerung bleiben. Einem breiten Publikum wurde der 1936 im sächsischen Meißen geborene Sodann als "Tatort"-Kommissar Bruno Ehrlicher bekannt, den er zwischen 1992 und 2007 spielte. In dem TV-Zweiteiler "Nikolaikirche" nach Erich Loests gleichnamigen Roman spielte er 1995 den Chef der Leipziger Stasi-Zentrale und in dem ZDF-Dokudrama "Deutschlandspiel" von 2000 verkörperte er den ehemaligen Stasi-Chef Erich Mielke. In Halle leitete der Ehrenbürger der Stadt bis 2005 als Intendant das von ihm 1981 gegründete neue theater (nt). Sein Weg zum Schauspiel war dabei alles andere als geradlinig.

Nach einer Lehre zum Werkzeugmacher und nachgeholtem Abitur studierte Sodann zunächst Jura, bevor 1959 an die Theaterhochschule Leipzig wechselte. Als Mitglied des Studentenkabaretts "Rat der Spötter" wurde er 1961 aus der SED ausgeschlossen und wegen staatsfeindlicher Hetze zu Gefängnishaft verurteilt. Erst 1963 konnte er sein Schauspielstudium fortsetzen. Später führte ihn sein Weg über das "Berliner Ensemble" und Engagements in Erfurt, Chemnitz und Magdeburg nach Halle, wo er eine "Kulturinsel" mit dem "Neuen Theater" aufbaute. Zuletzt lebte Sodann in Halle und im sächsischen Staucha, wo er die Peter-Sodann-Bibliothek leitete. In der vier Millionen Bände umfassenden Bibliothek hatte er alle Bücher gesammelt, die nach 1945 und bis 1990 im Osten Deutschlands erschienen waren. Der Schauspieler bezeichnete sich selbst als "betenden Kommunisten", der schon immer die Welt verbessern wollte. So unterstützte er 1997 etwa als Schirmherr die Privatquartiersuche für den evangelischen Kirchentag in Leipzig. Zur Bundespräsidentenwahl 2009 wurde er von der Linken als Kandidat aufgestellt. 2017 war er Mitunterzeichner von 95 Thesen gegen das moderne Finanzwesen.

Der Trost der Flipper

Flipperautomaten standen zwischen den 1960er und 1990er Jahren in fast jeder Kneipe, jeder Bar, jedem Spielsalon. In den Filmen der Nouvelle Vague und des neuen deutschen Kinos von Wenders und Fassbinder, Murakami und Rainald Goetz hatten sie ihren festen Platz. Ausgehend von den Spielautomaten erzählt Andreas Bernard die Geschichte einer Jugend und einer Stadt im Wandel. Es sind die Streifzüge durch die Lokale des Viertels, in denen sich das Gespür für die Standorte der Maschinen ebenso herausprägt wie das innere Bild der Heimatstadt. Flippern war auch Linderungsmittel gegen Einsamkeit und Langeweile und später dann Vehikel einer ersten Liebe. Im Aussterben der Flipper Ende der 1990er Jahre spiegeln sich weitaus größere Veränderungen, die etwa die Gestalt der Städte betreffen und das Ende der Industriearbeit in Deutschland. Andreas Bernards buch "Der Trost der Flipper" erscheint am 20. April 2024.

Meine Merkliste

Alle Inhalte auf Ihrer Merkliste sind noch mindestens 3 Tage verfügbar.

Sie haben derzeit keine Videos in Ihrer Merkliste

Sie können ein Video der Merkliste hinzufügen, indem Sie das "+" am Teaser oder Beitrag anwählen.

Live

Statische Headline

1h 7min

3sat Logo

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutz-Einstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktivert, welcher dies verhindert. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der 3sat Mediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

3sat Logo

Offensichtlich ist in deinem Browser das Plugin "I don't care about Cookies" aktiviert. Eigentlich würden wir dir an dieser Stelle gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Dies wird durch das Plugin verhindert. Falls du die Webseite sehen und nutzen möchtest, prüfe, ob das Plugin in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.