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scobel - Luxusgut Lebensraum
In wenigen Jahren wird die Mehrheit der Menschen in Städten leben. Neue Untersuchungen zeigen jedoch, dass das Leben in städtischen Räumen krank macht. Wie kann das verhindert werden?
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- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 22.08.2024
2050 werden rund 70 Prozent der Weltbevölkerung in städtischen Räumen leben, so die neuesten Schätzungen der UN. Wir befinden uns aktuell in einem der bedeutendsten Veränderungsprozesse der Menschheitsgeschichte, einer weltweiten Urbanisierungsbewegung. Die Menschen drängen in die Städte - auf der Suche nach Arbeit und Wohlstand, nach einer besseren Infrastruktur und besseren Zugängen zu ärztlicher Versorgung, Bildung und Kultur.
Verdichtung und Flächenfraß
Auch wenn sich die Urbanisierungsprozesse unterscheiden: In den Megacities Asiens, Nordamerikas und den Großstädten Europas wird der Wohnraum knapp und teuer. Nach der Börsenkrise sind Aktien kein sicheres Geschäft mehr. Immobilien hingegen garantieren satte Renditen. Großinvestoren, Spekulanten und internationale Immobilienkonsortien befeuern den Ausverkauf der Städte und haben eine Preisspirale mit dramatischen Folgen in Gang gesetzt. Die Armut wächst, und der Unterschied zwischen Arm und Reich spaltet die Gesellschaften.
Städte reagieren aktuell auf den erhöhten Bedarf an Wohnraum mit Verdichtung, das gilt zunehmend auch für das Umland: Flächenfraß auch hier. Naturbelassene Lebensräume werden rar. Das Gros der städtischen Bevölkerung wird nicht in den großzügigen Vierteln der Privilegierten leben, sondern auf engstem Raum und in sozialer Isolation. Die Politik hat noch keine Konzepte und erst Recht keine Lösungen.
Städte machen krank
Dabei weiß man seit Kurzem: Städte machen Menschen krank. Physisch und psychisch. Das belegen die Studien von zwei Wissenschaftlern: Professor Dr. med. Mazda Adli, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité Berlin, und Professor Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim untersuchen den Einfluss des Lebensraumes auf die menschliche Psyche und die Stressbelastung in Städten. Die Ergebnisse sind alarmierend: Die Stadt kann für Menschen toxisch sein.
Was das genau bedeutet, warum uns Städte krank machen, wie und warum man das verhindern muss, darüber spricht Gert Scobel mit seinen Gästen.
Gäste
Mazda Adli ist Psychiater und Stressforscher. Er ist Chefarzt der Fliedner Klinik Berlin und leitet an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Berlin, den Forschungsbereich „Affektive Störungen“. Adli forscht zum Zusammenhang Stadt und Gesundheit und leitet das Interdisziplinäre Forum Neurourbanistik. Themen des Forums: die Wirkung von sozialem Stadtstress auf Emotionen und Verhalten sowie die psychische Gesundheit der Stadtbevölkerung. Ziel ist es, wissenschaftlich basierte Präventionsmaßnahmen und eine Public Mental Health Strategie für Städte zu entwickeln.
Martina Löw ist Soziologin und Professorin für Planungs- und Architektursoziologie an der TU Berlin. Ihr Forschungsschwerpunkt: die Soziologie des Raumes. Ihre Themen: die Eigenlogik von Städten, ihre Veränderungen durch elektronische Netze, Public Health und Wellbeing in urbanen Räumen. Sie ist eine der führenden Stadtsoziologinnen Europas.
Matthias Sauerbruch ist Architekt. Er ist Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen und gehört der Stadtgestaltungskommission München an. Matthias Sauerbruch lehrte unter anderem an der Universität der Künste Berlin, der Harvard Graduate School of Design, der Architectural Association School of Architecture in London, der TU Berlin und der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Zurzeit ist er Direktor der Sektion Baukunst der Akademie der Künste, Berlin.