Wissen
Durch Mimik heilen?
Laut einer Studie können Patienten anhand der Mimik ihres Arztes erkennen, ob dieser an die Behandlung glaubt – und empfinden sie dadurch als effektiver. Von Nathalie Saccà
Es ist bereits wissenschaftlich bewiesen, dass eine positive Haltung von Patienten sich fördernd auf deren Heilung auswirken kann. Doch auch die Einstellung der Ärzte spielt eine tragende Rolle im Genesungsprozess. Bei medizinischen Behandlungen hören wir meist auf das Urteil unseres Arztes – und wenn dieser an die positive Wirkung der Behandlung glaubt, ermutigt das auch den Erkrankten. Wie sensibel Patienten wirklich auf ihre Ärzte reagieren, haben Forscher der Universität Dartmouth aus den USA nun anhand einer Studie getestet. Demnach kann der Patient an der Mimik seines Arztes ablesen, ob dieser an die Behandlung glaubt – und empfindet sie dadurch selbst als effektiver.
Auch schweigender Zuspruch führt zu erfolgreicher Behandlung
Im Rahmen der Studie wurden 194 Freiwilligen in drei Versuchsreihen die Rollen „Arzt“ oder „Patient“ zugewiesen. Die „Ärzte“ wurden darüber informiert, dass sich die Studie der Wirkung einer Schmerzsalbe widmet, deren Effektivität vorab in einem fiktiven Test demonstriert wurde: mithilfe von Elektroden wurden Schmerzreize bei den „Ärzten“ ausgelöst, die die vermeintliche Schmerzsalbe im Anschluss linderte. In Wahrheit wurde lediglich die Temperatur der Elektroden heruntergestellt. Die Creme selbst war ein Placebo, ein wirkungsloses Scheinmedikament. In einem zweiten Schritt sollten die „Ärzte“ die Salbe nun an den „Patienten“ testen. Im Vergleich dazu wurde eine zweite Kontrollcreme aufgetragen, deren Wirkung vorher nicht veranschaulicht wurde. Beide Cremes waren Placebos, dennoch empfanden die „Patienten“ die erste Salbe als hilfreicher. Das zeigte sich auch in deren Hautreaktionen.
Patienten reagieren sensibel auf Mimik des Arztes
Woher kommt diese positivere Einschätzung der Behandlung? Mithilfe von Kameras auf den Köpfen der „Patienten“ beobachteten die Forscher kleinste Veränderungen in der Mimik der „Ärzte“. Durch nonverbale Informationen sendeten die „Ärzte“ Zuspruch und Überzeugung an die „Patienten“. Waren sich die „Ärzte“ also der Wirksamkeit der Creme sicher, strahlten sie diese positive Erwartung aus. Im Vergleich zur der zweiten Kontrollcreme beschrieben die „Patienten“ die Behandlung als wirkungsvoller und gleichermaßen einfühlsamer.
Immer positiv bleiben
Die Studie zeigt, dass die Erwartung der Ärzte an die Behandlung einen enormen Einfluss auf die Patienten ausübt. Eigentlich logisch: Ein Arzt, der von dem Medikament überzeugt ist, strahlt das durch seine Mimik aus.
Die Studie fokussiert sich dabei nicht auf die Wirksamkeit eines Medikaments, sondern unter welchen äußeren Umständen es eingenommen wird. Psychologe Harald Walach lobt die Studie:
Wir wissen jetzt, dass subtile Hinweise von Ärzten übermittelt und von Patienten gelesen werden. Harald Walach, klinischer Psychologe und Professor an der Medizinischen Universität Poznan
Noch offen ist, welche Auswirkungen die Mimik in Kombination mit verbaler Information auf den Heilungsprozess hat.