Einige praktische Anwendungen der medizinischen Forschung sind bereits erprobt, zum Beispiel Probiotika. Die lebenden Mikroorganismen in Pulverform werden eingesetzt, um einen geschädigten Darm gezielt zu unterstützen. Von einigen Bakterienstämmen kennt man die positiven Auswirkungen mittlerweile gut und kann mit ihrer Hilfe beispielsweise gefährliche Darmerkrankungen bei Frühgeborenen reduzieren, Leberzirrhose verbessern oder die Insulinresistenz von Patienten wie Leo Ressel vermindern. Doch die zugeführten Bakterien siedeln sich jedoch nicht dauerhaft im Darm an, warum das so ist, konnte die Wissenschaft bislang nicht herausfinden.
Anders verhält es sich bei der Stuhltransplantation, einer Behandlung, die Patienten mit schweren Darmerkrankungen helfen kann. Dabei wird der Stuhl eines gesunden Menschen transplantiert - eine Methode, die Andreas Skringer seine Lebensqualität zurückgegeben hat. Colitis Ulcerosa, eine schmerzhafte Darmerkrankung mit starken Durchfällen, hat ihn jahrelang gequält. Schon kurz nach der Transplantation sind seine Beschwerden verschwunden und dauerhaft ausgeblieben.
Studien zeigen auch das Zusammenspiel von Darm und Hirn auf. Unzählige Nervenzellen im Darm kommunizieren ständig über Botenstoffe direkt mit dem Gehirn. Man weiß auch, dass Menschen mit Depression oder Autismus gravierende Veränderungen im Mikrobiom aufweisen.
Die Verbindung zwischen Bauch und Kopf geht so weit, dass auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten sich schmerzhaft auf den Kopf auswirken können. Margareta Diringer konnte ihre Kopfweh-Attacken mit einer vergleichsweise simplen Veränderung ihres Speiseplanes fast völlig loswerden.
Behandlungen mit Probiotika und Untersuchungen wie die Stuhlanalyse und daraus resultierende Therapien stecken derzeit noch in den Kinderschuhen. Die Mikrobiom-Forschung bleibt also spannend und wird in Zukunft noch viele Geheimnisse unserer einzelligen Mitbewohner ans Tageslicht fördern. Vielleicht kann das Mikrobiom eines Tages sogar helfen, heute unheilbare Krankheiten wie Krebs zu besiegen.