Kultur

"Kulturzeit" vom 20.01.2023: Kampf um Israels Demokratie

Die Themen der Sendung: Der Kampf um Israels Demokratie, feministische Außenpolitik in Kriegszeiten - Gespräch mit Claudia Zilla, wie "woke" soll Theater sein?, Florian Teichtmeister, Liao Yiwu hält Stuttgarter Zukunftsrede und Krimibuchtipps.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland 2023
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 20.01.2025

Die Themen der Sendung:

Der Kampf um Israels Demokratie

Ein Demonstrant gegen die neue israelische Regierung vor der Knesset hält ein Schild mit dem Foto des lachenden Benjamin Netanyahu hoch.
Demo gegen die neue Regierung
Quelle: Imago

Die neue Regierungskoalition in Israel will tiefgreifende Veränderungen durchsetzen, die eine Bedrohung für die Demokratie darstellen. Sie steht so weit rechts wie noch nie zuvor in der Geschichte des Staates Israel. Die nun geplante Justizreform geht vielen zu weit: Es soll – anders als bisher – eine einfache Mehrheit im Parlament genügen, um Entscheidungen des Obersten Gerichts zu kippen. Bislang konnte dieses Gesetzesvorhaben verhindern, die zum Beispiel den Rechten von Minderheiten entgegenstehen. Das Oberste Gericht als Kontrollorgan der Legislative soll somit entmachtet werden. Auch um seinen eigenen Hals aus den Schlingen der Justiz zu ziehen, ist Ministerpräsident Benjamin Netanjahu entschlossen, die Justiz zu stürzen und somit die liberale Demokratie zu opfern. Netanjahus jüdisch-fundamentalistische Koalitionspartner könnten mithilfe der Justizreform jedes beliebige Gesetz absegnen: die Todessstrafe für palästinensische Attentäter, Geschlechtertrennung in Bussen und Bahnen, Verbot von Abtreibungen und Gay Pride Paraden. Die LGBTQ-Gemeinde könnte es als erstes treffen. Doch Widerstand formiert sich bereits: Tausende sind auf die Straße gegangen, die Opposition und zahlreiche Juristen warnen vor einem Ende der Demokratie in Israel. 

Feministische Außenpolitik in Zeiten des Krieges - Gespräch mit Claudia Zilla

Mit dem Konzept einer "feministischen Außenpolitik" ist die Bundesregierung nach der Wahl angetreten. Das klingt erst mal nach Gleichberechtigung und Frauenrechten, geht aber darüber hinaus. Es ist nicht damit getan, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerock sich etwa aktuell zur Situation von Frauen im Iran zu Wort meldet. Feministische Außenpolitik will strukturelle Ungleichheiten ausgleichen. Sicherheits- und Außenpolitik sind seit jeher männlich dominierte Politikfelder. Der daraus resultierende Militarismus stellt alle Zeichen auf Aufrüstung. Feministische Außenpolitik sieht sich als Ausweg aus der Aufrüstungsspirale. Ein entsprechender Perspektivwechsel wäre notwendig. Dennoch wird feministische Außenpolitik immer noch zu oft als "Gedöns" abgetan. Schweden war das erste Land, das sich 2014 eine feministische Außenpolitik auf die Fahnen geschrieben hat. Seit gut einem Jahr ist es auch in Deutschland angekommen. Der aktuelle Konflikt in der Ukraine zeigt, wie unterschiedlich Menschen von Krisen und Kriegen betroffen sind: Männer im wehrfähigen Alter etwa dürfen das Land nicht verlassen. Frauen wiederum sind vielfach auf der Flucht oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein beraten Verteidigungsminister und ranghohe Militärvertreter aus zahlreichen Ländern über die weitere Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg. In erster Linie Männer. Wie verträgt sich die Haltung der Regierung und ihre Entscheidungen der letzten Wochen mit der feministischen Außenpolitik? Das fragen wir die Politikwissenschaftlerin Claudia Zilla von der Stiftung für Wissenschaft und Politik.

 Liao Yiwu hält "2. Stuttgarter Zukunftsrede"

Der chinesische Schriftsteller Liao Yiwu (Berlin) hat vor einem weiteren Wachstum Chinas gewarnt. Überall und auch im Westen habe man von China profitiert, "aber wenn man diese Tyrannei weiter wachsen lässt, dann werden am Ende alle in der Hölle sein", sagte er anlässlich der "2. Stuttgarter Zukunftsrede". Es sei natürlich sehr bequem, von der chinesischen "Weltfabrik" zu profitieren, aber langfristig wäre es aus seiner Sicht gut, wenn "das Imperium" auseinanderbreche und China stattdessen aus mehreren kleineren Ländern bestünde, die gut zusammenarbeiten, sagte Yiwu. Von den westlichen Staatsoberhäuptern wünscht er sich im Umgang mit China eine von Werten und Idealen geprägte Politik. Er frage sich manchmal, was denn noch der Unterschied zwischen Geschäftsleuten und Politikern sei.

In seiner "Zukunftsrede" berichtete der Schriftsteller, der durch sein Buch "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser" ab 2009 international Beachtung gefunden hat und 2012 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden ist, von seiner Zeit in chinesischen Gefängnissen. Als er 1989 das Gedicht "Massaker" veröffentlichte, das sich mit der Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens auseinandersetzte, wurde er vier Jahre lang inhaftiert. "Man hat mich unzählige Male gedemütigt, geschlagen, mir Elektroschocks verpasst." Nach seiner Entlassung seien mehrmals seine Manuskripte beschlagnahmt worden. "Ein Großteil meiner Manuskripte liegt verschlossen in den Aktenschränken des Amts für öffentliche Sicherheit. Die Spezialagenten für Kultur sind sie alle durchgegangen - Seite für Seite - und sie haben sie sich gründlicher durch den Kopf gehen lassen als der Autor selbst." Seit mehr als zehn Jahren lebt der Schriftsteller in Berlin im Exil und hat eine achtjährige Tochter. Er würde sich freuen, wenn sie einmal seine Heimat kennenlernt, doch das müsse sie selbst entscheiden. "Ich wünsche ihr, dass sie immer eine freie Person bleibt", sagte Yiwu. Die Stuttgarter Zukunftsrede findet alle zwei Jahre statt und ist eine Initiative des Literaturhauses Stuttgart, des Internationalen Zentrums für Kultur- und Technikforschung der Universität Stuttgart sowie des Evangelischen Bildungszentrums Hospitalhof Stuttgart. Erster Redner war 2021 der Berliner Schriftsteller Daniel Kehlmann.

Burgtheater will Schauspieler Florian Teichtmeister verklagen

Das Strafverfahren gegen Florian Teichtmeister wegen des Besitzes pornografischer Darstellungen von Minderjährigen könnte für den Schauspieler auch schwere finanzielle Konsequenzen haben. Zusätzlich zu dem Strafprozess Anfang Februar droht dem erfolgreichen Künstler eine Klage des Wiener Burgtheaters, wie die Bühne bekanntgab. "Der Schaden für das Burgtheater ist immens", sagte der kaufmännische Direktor Robert Beutler. Das Burgtheater entließ Teichtmeister, nachdem bekannt wurde, dass er wegen des Besitzes von Zehntausenden Dateien mit pornografischen Darstellungen von Jugendlichen und Kindern angeklagt worden war. Sein Anwalt sagte, dass sich Teichtmeister vor Gericht schuldig bekennen werde und mit den Ermittlern kooperiere. Nach Teichtmeisters Abgang müssen vier Stücke, in denen er mitspielte, umbesetzt oder abgesetzt werden. "Der Schaden ist diesbezüglich aktuell noch nicht zu beziffern, wird aber sicherlich einzuklagen sein", sagte Beutler in einer Stellungnahme.

Zu progressiv fürs Publikum? Wie "woke" soll Theater sein?

Vor der Pandemie war Euphorie: Beim Start ihrer Intendanz am Zürcher Schauspielhaus wurden Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg gefeiert. Themen wie Inklusion und Diversität spielen für ihre Theaterarbeit eine große, eine entscheidende Rolle. Ein Gesellschaftsexperiment - und eine Ausrichtung, die im Einklang mit dem neuen Kulturleitbild der Stadt steht. Doch nach Corona reduzierte sich - wie in vielen Häusern - das Publikum. Das Abonnement gehört zu den Corona-Verlierern. Und nun steht das Schauspielhaus, das wichtigste und renommierteste Theater der Schweiz, bei Teilen des Publikums und der Medien in der Kritik: Sind Critical Whiteness und Diversity zu "woke" für das Publikum? Ist der Spielplan der Intendanten verantwortlich für die sinkende Abonnementzahlen? Auf einem Publikumsgipfel soll nun gestritten werden: Das Leitungskollektiv lädt das Publikum zu einer Bestandsaufnahme ein, befragt es direkt als Expert*innen. Was hat sich nach Corona verändert? Wie kann das Haus seinen progressiven Kurs beibehalten – und gleichzeitig weiterhin ein Stadttheater für möglichst viele sein? Dabei steht fest: Der Publikumsschwund ist nicht allein ein Zürcher Phänomen.

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