Kultur
"Kulturzeit" vom 04.07.2025: Dalai Lama wird 90: Nachfolgestreit mit China
Die Themen der Sendung: 90. Geburtstag des Dalai Lama, Overtourism, 50. Todestag von Umm Kulthum, Museum auf Rezept, Kinderbuchtipps.
- Produktionsland und -jahr:
-
Deutschland 2025
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 04.07.2027
Die Themen der Sendung:
Der Dalai Lama wird 90 - Gespräch mit Martin Brauen
Kurz vor seinem 90. Geburtstag hat der jetzige Dalai Lama angekündigt, dass auf ihn ein neues geistliches Oberhaupt der Tibeter folgen soll. "Ich bekräftige, dass die Institution des Dalai Lama fortbesteht", sagte er in einer Videobotschaft von seinem Exil in Dharamsala im Norden Indiens. Mit seiner Ankündigung zerstreute er vorerst Spekulationen darüber, ob die seit Jahrhunderten währende Tradition weiterbestehen werde oder nicht. Zugleich betonte er, allein die Tibeter hätten das Recht, über die Wiedergeburt des Dalai Lama zu bestimmen. Damit forderte er direkt China heraus, das Tibet kontrolliert.
Der Dalai Lama selbst lebt seit seiner Flucht 1959 als staatenloser Tibeter im Exil in Indien. Dort wird er am 6. Juli nach Angaben seines Büros auch an öffentlichen Feierlichkeiten zu seinem Geburtstag teilnehmen. Die Suche nach dem Nachfolger und seine Anerkennung als Reinkarnation des jetzigen Dalai Lamas solle "in Übereinstimmung mit der vergangenen Tradition" erfolgen, hieß es in seiner Erklärung. Nur die von ihm gegründete gemeinnützige Organisation Gaden Phodrang Trust in Dharamsala darf demnach den Nachfolger auswählen. "Niemand sonst verfügt über eine solche Autorität, um sich in diese Angelegenheit einzumischen." Kritik und Widerspruch nach der Ankündigung des Dalai Lamas kamen umgehend aus China. Eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums bekräftigte, nur die chinesische Regierung habe das Recht, über die Reinkarnation des Dalai Lama zu entscheiden. Die Auswahl müsse in China erfolgen. Peking sieht das tibetische Hochland als Teil des eigenen Territoriums und betrachtet den aktuellen Dalai Lama bis heute als Separatisten. Der Dalai Lama und die tibetische Exil-Regierung in Indien streben dagegen eigenen Angaben zufolge nach einer "echten Autonomie" Tibets. Der Konflikt um die Nachfolgeregelung für den Dalai Lama schwelt dabei schon seit vielen Jahren. Er ist deshalb auch von politischer Brisanz. Wir sprechen mit dem Schweizer Ethnologen Martin Brauen.
Overtourism - Wenn Touristen zur Plage werden
"Fuck off Tourists!": Die Proteste gegen immer mehr Touristenmassen nehmen zu. Ob in Venedig, Barcelona oder Dubrovnik, ob in Asien, Südamerika oder Europa: Lokale Bevölkerungen wehren sich, leiden unter verstopften Straßen, Müll, mangelnder Trinkwasserversorgung ebenso wie stetig abnehmendem Wohnraum. Resultat von immer mehr AirBnb-Unterkünften, von Billigfliegern, Instagram-Travelern und auch zunehmendem Wohlstand und damit Reiselust in vormals ärmeren Ländern. Dabei fing es doch in der Nachkriegszeit romantisch und abenteuerlich an, als sich die ersten Deutschen in VW-Käfern oder im Opel Rekord auf den Weg über den Brenner gen Italien machten. Mit dem Wirtschaftswunder wurde das Reisen zunehmend auch für Normalverdiener möglich. Mittlerweile hat der Massentourismus vielerorts unzumutbare Ausmaße und Formen angenommen. Was tun?
50. Todestag von Umm Kulthum
Wer in Kairo das Radio anmacht, hört sie auf mehreren Stationen. Umm Kulthum ist seit 50 Jahren tot – ihre Stimme aber lebt in den Taxis, in den Cafés von Kairo, Beirut, Damaskus, Bagdad. "Die Lady" wurde sie schlicht genannt. Damals war es ungewöhnlich, Mädchen singen zu sehen. Aber ihr Vater, ein Dorfprediger, ermutigte sie - und zog mit der Familie vom Dorf in die Stadt, nach Kairo. Dort wurde Umm Kulthum schnell Teil der kulturellen Elite und produzierte in den 1930ern ihre eigenen Konzerte und schauspielerte auch für eine Weile sie. Sie sang über die unerfüllte Liebe. Das Warten auf den Geliebten. Weibliches Verlangen. Zwischen ihr und dem Publikum knisterte es. Bis heute ist diese Ergriffenheit im Publikum zuweilen da – wenn Schmerz und Lust verschmelzen in den Liedern. Umm Kulthum heiratete spät – blieb kinderlos. Sie wusste, dass Kinder ihre Karriere jäh beenden würden. Für die Männer war Umm Kulthum der Soundtrack der neu errungenen arabischen Unabhängigkeit. Als die Generäle Ägypten übernahmen, ließ Präsident Gamal Abdel Nasser ihren Konzerten seine Ansprachen folgen. Umm Kulthum wurde die Metapher für Nassers Idee der arabischen Einheit, für Arabiens postkolonialen Widerstand. Ägypten feiert das 50. Todesjahr der Diva. Ausgerechnet eine Frau wurde zur Identifikationsfigur der arabischen Welt.
Ins Museum auf Rezept?
Ein Museumsbesuch auf Rezept? Das könnte bald auch in Deutschland möglich sein. Denn Kunst und Kultur können heilende Wirkung auf Menschen haben. Ein entsprechendes Konzept wird bereits in Ländern wie Großbritannien und Kanada erfolgreich erprobt. Hier verschreiben Ärztinnen und Ärzte ihren Patienten, die unter Einsamkeit und psychischen Erkrankungen leiden, immer häufiger auch Museumsbesuche, ergänzend zu klassischen Maßnahmen wie Medikamenten oder Psychotherapien. In Deutschland könnten Patienten mit etwas Glück und der richtigen Ärztin, dem richtigen Arzt auch bald von einem Museumsbesuch auf Rezept profitieren: An der Berliner Charité startet 2025 ein Projekt, in dem das sogenannte Soziale Rezept vorangebracht werden soll.