Kultur

Bedrohte Schätze im Depot

Die dunklen Flecken großer Museen und kleiner Sammlungen

Produktionsland und -jahr:
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 28.11.2025

Ein Film von Frank Vorpahl

Sammelwut und Sammelwahn: Jahrhundertelang gierte Europa nach exotischen Schätzen aus aller Welt. Millionen von Objekten gelangten im Kolonialzeitalter auch in deutsche Museums-Depots. Das Ergebnis: gigantische „Kühlkammern weißer Wißgier“. Die Kehrseite: leere Kultur-Brachen in den einstigen Kolonien.

Eine Rückgabe an die Herstellungskulturen ist eher die Ausnahme. Noch immer wird gemauert, meint die Kritikerin des Berliner Humboldt-Forums Bénédicte Savoy: „Die größte Angst ist es, Begehrlichkeiten zu wecken. Man will nicht restituieren. Also erzählt man nichts.“

Schädlingsbefall bei historischen Objekten

Kleidermotten sind häufig vorkommende Schädlinge im Depot und werden hier im Rathgen-Forschungslabor in Berlin festgestellt
Im Rathgen-Forschungslabor untersucht Bill Landsberger Objekte der SPK auf den Befall von Kleidermotten.

Von der Öffentlichkeit abgeschottet werden die Schätze in deutschen Museums-Depots nur selten so gut aufbewahrt, wie es der Nimbus der altehrwürdigen Institution Museum vermuten lassen würde. Längst herrscht eine Art Notstands-Routine. In Berlin werden von einer halben Million Artefakte demnächst rund 10.000 im neuen Humboldt Forum öffentlich präsentiert. Der übergroße Rest, rund 98 Prozent, lagert weiter in Berlin-Dahlem im Depot, wo infolge baulicher Mängel schon mal „knöcheltief“ Wasser eindrang. „Das ist zum Teil mit Schädlingsbefall, das ist schon kritisch“ räumt selbst der Präsident der zuständigen Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger ein. „Passives Entsammeln“ nennen Experten den andauernden Schwund von Artefakten durch Insektenfraß oder die Konfusion in Depotschränken und Bestandsakten.

Postkoloniales Erbe zugänglich machen

Der Ethnologe Andreas Schlothauer zwischen zahlreichen Objekten
Der Ethnologe Andreas Schlothauer zeigt, wie unterschiedlich gut erhalten Objekte aus Übersee in europäischen Museen sind.

Viele Museen wissen nicht einmal, wieviele Kulturzeugnisse sie überhaupt besitzen. Das Münchener Museum Fünf Kontinente hat von seinen geschätzten 160.000 Stücken gerade einmal 57.000 erfasst, im Hamburger Museum am Rothenbaum (MARKK), dem früheren Völkerkundemuseum, weiß man nach Dachschaden und Asbestentsorgung nicht, welche Objekte sich in welchen Kisten befinden. An eine vollständige Digitalisierung der Artefakte aus aller Welt, wie sie schon vor Jahrzehnten in Holland oder Frankreich angepackt wurde, ist in Deutschland schon aufgrund des Budget- und Personalmangels in den nächsten Jahren nicht zu denken. Gibt es Auswege? Wann wird das virtuelle Museum, das interessierten indigenen Gruppen in Kamerum, Tonga oder an der Hudson-Bay einen Blick auf die eigenen Kulturzeugnisse in deutschen Depots erlaubt, endlich Realität?

Wie gut gerüstet sind die Ethnologischen Museen hierzulande dafür, das postkoloniale Erbe der Menschheit für die Herstellungskulturen zugänglich zu machen? – die vielen Objekte, die es in den Ursprungsländern oft nicht mehr gibt und die für die kulturelle Identität der Herkunftsgesellschaften von ständig wachsendem Wert sind.

Der Journalist und Kurator Frank Vorpahl übergibt auf Tonga die Replik eines traditionellen Brotfrucht-Stampfers an Prinzessin Frederica Tuita, die Nichte des Königs.
Frank Vorpahl und Brigitte Mang aus Dessau-Wörlitz übergeben auf Tonga die Replik eines traditionellen Brotfrucht-Stampfers an Prinzessin Frederica Tuita, die Nichte des Königs.

Die Kulturdokumentation von Frank Vorpahl nimmt anhand von Recherchen in Museumsdepots und im Gespräch mit kompetenten Insidern, Museums-Kritikern und Vertretern der Herstellungskulturen eine kritische Bestandsaufnahme vor und macht deutlich, dass die Gefährdung ethnologischer Sammlungen nicht das Ergebnis von Schlamperei oft sehr engagierter Museumsmitarbeiter ist, sondern ein strukturelles Problem darstellt: einer Überforderungssituation, die einen deutlichen Zuwachs an Ressourcen, Forschungsenergie und Transparenz erfordert. Sie zeigt aber auch, wie belebend und produktiv Offenheit und Austausch auf eine angestaubte Institution wirken können.

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