Gesellschaft
Energiewende: "Viele bürokratische Hürden"
Woran hakt es bei der Energiewende? Die Technologien seien da, sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme. Das Problem ist die Politik.
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makro: Strom aus Wind und Sonne kann preislich längst mit fossilen Energieträgern mithalten, ist mitunter sogar günstiger. Warum verläuft der Ausbau dann so schleppend?
Volker Quaschning: Es sind vor allem sehr viele bürokratische Hürden, aufwändige Genehmigungsverfahren und wenig verlässliche Rahmenbedingungen, die Sand ins Getriebe streuen. Wer in über 20 Jahre in regenerative Energieprojekte investiert, braucht auch Sicherheiten. Darum benötigen wir für die meisten Projekte immer noch eine kleine Förderung.
Im letzten Jahr hatte die Regierung aber sogar einen gesetzlichen Förderstopp für Photovoltaikanlagen geplant, der erst in letzter Minute beseitigt wurde. Die Regierung verschlechtert seit Jahren die Rahmenbedingungen für Bürgerenergieprojekte, die eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung haben.
In der Konsequenz nehmen die Widerstände gegen Windkraftanlagen und neuerdings auch große Solaranlagen immer mehr zu. Das hat dazu geführt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland so gering ist, dass wir derzeit keinerlei Klimaschutzziele einhalten können.
Zur Person
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Experte für für regenerative Energiesysteme
makro: Ein Solardach, kombiniert mit Batteriespeicher, eröffnet sehr interessante Möglichkeiten eigenständiger, dezentraler Stromerzeugung und könnte obendrein der Netzstabilität dienen. Stehen diese Technologien vor dem Durchbruch?
Quaschning: In den letzten Jahren hat sich dieser Markt recht gut entwickelt. In Deutschland waren Ende 2020 immerhin rund 270.000 Solarstromspeicher vorwiegend in Einfamilienhäusern im Einsatz. Das volle Potenzial der Batterien für die Netzstabilität wird aber vor allem durch viele bürokratische Hürden nicht genutzt. Theoretisch können auch die Batterien von Elektroautos einen riesigen Beitrag zur Netzstabilität leisten. Aber auch hier fehlen die richtigen Rahmenbedingungen.
Die Technologien sind da. Der Gesetzgeber muss aber dafür sorgen, dass sie auch flächendeckend zum Einsatz kommen. Dann könnten Batterien im Bereich der Netzstabilität sehr schnell klimaschädliche fossile Kraftwerke ersetzen. Hier drängt sich aber manchmal der Eindruck auf, dass das gar nicht gewünscht ist.
makro: Vor den Küsten Europas entstehen riesige Windparks. Dabei ist dieser Offshore-Strom immer noch vergleichsweise teuer. Warum ist das so - und wann kommen die Kosten runter?
Quaschning: Offshore-Windkraftanlagen haben viel bessere Windbedingungen und können länger und gleichmäßiger Strom liefern. Sie arbeiten aber unter Extrembedingungen wie hohem Wellengang und aggressivem Salzwasser. Darum ist die Errichtung von Windkraftanlagen auf hoher See auch deutlich teurer als an Land. Auf hoher See lassen sich aber viel größere Anlagen installieren als an Land, da der Transport über Straßen oder Brücken die Größe limitiert.
Durch die Lernkurve der bisherigen Projekte und die Kostenvorteile der großen Anlagen ist es gelungen, die Offshore-Windkraft in den letzten Jahren deutlich preiswerter zu machen, sodass neue Projekte ihren Strom inzwischen auch zu sehr niedrigen Preisen anbieten können.
Die Vergütung für Strom aus neuen Offshore-Windkraftanlagen ist von 15,4 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2010 im Mittel auf 4,7 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2018 gefallen.
makro: Es gibt die Diskussion, die EEG-Umlage, die auf den Strompreis aufgeschlagen wird um die Energiewende zu finanzieren, durch sogenannte Green Bonds zu ersetzen. Was hat es damit auf sich? Und was halten Sie davon?
Quaschning: Wir müssen den Strom billiger machen, weil wir dessen Anwendung zum Beispiel in der Elektromobilität oder in der Wärme attraktiver machen müssen. Gleichzeitig müssen wir aus Klimaschutzgründen den Verbrennungsmotor sowie die Öl- und Gasheizungen vom Markt nehmen.
Die EEG-Umlage zu streichen und die Kosten den fossilen Energieträgern aufzubürden, ist darum der richtige Weg. Bei der Umstellung muss aber dringend darauf geachtet werden, dass auch das für den Klimaschutz nötige Ausbautempo erreicht werden kann und nicht wieder neue Verzögerungen entstehen, weil der Gesetzgeber die Finanzierung schlecht umgesetzt hat.
Das Interview führte Carsten Meyer.