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Gesellschaft

Ukraine-Krieg: "Das trifft Deutschland mehr als andere"

Russlands Krieg gegen die Ukraine trifft die deutsche Wirtschaft besonders hart. Clemens Fuest, Chef des ifo Instituts, sagt warum. Und warnt vor einem chinesisch-russischen Block.

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makro: Unsicherheit dominiert die Lage. Würden Sie das auch so sehen?

Clemens Fuest: Die Unsicherheit steigt derzeit sehr stark an. Das können wir auch messen. Wir fragen die Unternehmen: Wie unsicher sind eure Erwartungen oder wie gut könnt ihr einschätzen, wie die Geschäfte in den nächsten Monaten laufen? Die meisten Unternehmen kennen ihre Märkte gut und wissen ganz gut, was kommt.

Aber jetzt sagen uns die Unternehmen: "Wir können es überhaupt nicht mehr einschätzen." Das hat damit zu tun, dass niemand weiß, wie der Ukraine-Krieg weiter verläuft. Es weiß niemand, ob ein Gasembargo kommt. Und das führt zu sehr, sehr hoher Unsicherheit.

makro: Sie vergleichen die jetzige Krise mit der Ölkrise der 70er und 80er Jahre. Wo liegt die Parallele?

Fuest: Wir befinden uns derzeit in einer Stagflationsphase, das heißt niedrige Wirtschaftsaktivität kombiniert mit stark steigenden Preisen.

Zur Person

  • Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest

    Präsident des ifo Instituts

makro: Sie bezeichnen Deutschland als wirtschaftlichen Hauptverlierer der Krise. Warum das?

Fuest: Die Schwierigkeit ist, dass wir im Bereich der Gasversorgung besonders stark mit Russland kooperiert haben. Außerdem ist Deutschland ungewöhnlich außenhandelsorientiert. Deutschland ist also im Vergleich zu anderen vergleichbaren Ländern viel, viel stärker in die Weltwirtschaft integriert. Und diese Krise beeinflusst genau diese beiden Punkte. Die Energieversorgung verteuert sich und der Außenhandel wird schwieriger. Es gibt mehr Protektionismus und Unterbrechung von Wertschöpfungsketten - und das trifft Deutschland mehr als andere.

makro: Ist eine Dimension bereits absehbar oder ist es dafür noch zu früh?

Fuest: Was wirklich herauskommt, ist nicht absehbar. Wir sind noch zu früh in der Krise. Es kann sein, dass der Ukraine-Krieg in ein paar Wochen beendet ist. Wir würden hoffen, dass er möglichst schnell endet und sich vieles wieder beruhigt. Dann sind auch die Konsequenzen für Deutschland nicht so gravierend.

Es kann aber sein, dass der Krieg länger anhält, dass die Sanktionen sich noch verschärfen, dass er sich schlimmstenfalls sogar ausweitet. Und dann sind wir in ganz anderen Lagen. Wir wissen es heute noch nicht.

makro: Wie sähe das Worst-Case-Szenario aus?

Fuest: Das Worst-Case-Szenario wäre sicherlich eine Ausweitung des Krieges. Aber ebenfalls hochproblematisch wäre eine Unterstützung von Russland durch China und eine Beeinträchtigung der Wirtschaftsbeziehungen zu China. Wir hätten dann so etwas wie eine Blockbildung in der Weltwirtschaft: einen chinesisch-russischen Block und einen amerikanisch-europäischen Block.

Großer Verlierer wäre auch hier Deutschland, denn wir treiben intensiv Handel, insbesondere mit China. Wenn das wegbräche - das wäre für uns schwierig.

makro: Schauen wir noch einmal auf die Wertschöpfungsketten und Abhängigkeiten, die uns gerade so schmerzlich bewusst werden. Kann es sein, dass alles ins Stocken kommt, wenn an entscheidender Stelle ein Glied aus der Kette herausbricht?

Fuest: Wenn einzelne Glieder einer Wertschöpfungskette beeinträchtigt werden, dann kann das sehr weitreichende Auswirkungen haben. Aber wir dürfen eins nicht vergessen: Märkte sind extrem anpassungsfähig. Das heißt, wenn eine Lieferung irgendwo ausfällt, dann hat man für die ersten Wochen ein Problem, vielleicht sogar für Monate.

Aber Märkte und Unternehmen sind sehr gut darin, neue Lösungen zu finden, Stoffe zu ersetzen. Insofern bin ich da mittelfristig nicht so pessimistisch.

Das Interview führte Peter Aumeier.

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