Wissen
scobel – Selbstbestimmt sterben
Sterben gelingt nicht immer so, wie wir uns das wünschen. Für manche schwerkranke Menschen würde die Möglichkeit des assistierten Suizids eine große Entlastung bedeuten.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2021
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 18.02.2026
Seit Februar 2020 ist Sterbehilfe in Deutschland legal. Doch praktiziert wird sie von Ärzten kaum. Nach wie vor fehlt es an der juristischen Absicherung ihres Tuns. Unter welchen Voraussetzungen soll Sterbehilfe in Deutschland in Zukunft erlaubt sein?
Genehmigung für tödlich wirkende Arznei
Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot der Selbsttötung, das erst 2015 eingeführt worden war, für nichtig erklärt. Sterbehilfe darf also geschäftsmäßig in Deutschland angeboten werden, aber viele Betroffene würden lieber die Hilfe eines Arztes in Anspruch nehmen.
Bislang ist Humanmedizinern jedoch weder das Medikament Natrium-Pentobarbital zugänglich, noch ist gesetzlich geregelt, wie ärztliche Sterbehilfe in der Praxis aussehen könnte. Seit das oberste Gericht das Verbot gekippt hat, versuchen Betroffene, eine Genehmigung für die tödlich wirkende Arznei zu erwirken. Bis Ende September 2020 sollen schon mehr als 50 Anfragen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn eingegangen sein.
Wer darf am Ende bestimmen?
Jetzt ist die Politik gefragt, diese existenzielle und brisante Rechtsfrage, über die sehr emotionale Debatten geführt werden, neu zu gestalten. Welche Gefahren und bedenklichen Erfahrungen mit Sterbehilfe, zum Beispiel in den Niederlanden, sollten dabei bedacht werden? Was würde den oft schwerkranken und verzweifelten Betroffenen am besten helfen? Und wer darf am Ende darüber bestimmen, wie ihre Sterbewünsche in der Praxis umgesetzt werden und welche Betroffenen tatsächlich Anspruch auf ärztlichen Beistand haben? Der Staat, der Ethikrat, die Kirchen, die Ärzte – oder jeder Betroffene für sich?
Gäste
Gian Domenico Borasio ist Professor für Palliativmedizin an der Universität Lausanne, Chefarzt der Palliativ-Abteilung am dortigen Universitätsspital und hat an einem aktuellen Gesetzesvorschlag zum assistierten Suizid mitgearbeitet. Er sagt: "Suizidhilfe ist eine komplexe ärztliche Aufgabe, die besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt."
Alena Buyx ist Professorin für Ethik der Medizin an der TU München und Direktorin des dortigen Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin. Seit 2016 ist sie Mitglied des Deutschen Ethikrats, seit Mai letzten Jahres Vorsitzende. Sie sagt: "Wir brauchen gesellschaftliche Wege, wie wir das Recht auf einen selbstbestimmten Tod respektvoll umsetzen und zugleich zugewandte Fürsorge ermöglichen können."
Reinhard Merkel war Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg und von 2012 bis 2020 Mitglied im Deutschen Ethikrat. Für ihn gelten in der Frage der Sterbehilfe die Worte des amerikanischen Rechtsphilosophen Richard Dworkin: "Jemandem eine Weise des Sterbens aufzunötigen, die anderen zusagt, die er selbst aber als Widerspruch zu seinem Leben empfindet, ist eine düstere Form von Tyrannei."