Gesellschaft
"KI ist schon Teil unseres Alltags"
Kann Deutschland bei künstlicher Intelligenz noch mithalten? "KI wird alle Lebensbereiche radikal verändern", sagt Buchautor Ulrich Eberl gegenüber dem Wirtschaftsmagazin makro.
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- weltweit
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- bis 20.10.2025
makro: In Ihrem aktuellen Buch stellen Sie sich die Frage, ob Künstliche Intelligenz (KI) unseren Alltag revolutionieren wird. Wie lautet Ihre Antwort?
Ulrich Eberl: Dieser Wandel ist in vollem Gange. KI ist schon Teil unseres Alltags, oft, ohne dass wir uns dies bewusst machen. Denken Sie an Gesichtserkennung und automatische Textergänzung, Sprachassistenten wie Alexa, personalisierte Werbung, Übersetzungsprogramme, Gesundheits-Apps - das alles basiert auf lernfähigen Maschinen, einem Kerngebiet der KI.
Überall, wo es um die Auswertung von Bild-, Text- und Sprachdateien oder von Messwerten geht, kurz um das Aufspüren von Mustern in der Datenflut, ist KI heute schon uns Menschen überlegen.
makro: Corona stellt vieles auf den Kopf. Hilft uns KI auch im Umgang mit der Pandemie?
Eberl: Zur Zeit läuft gerade ein internationaler Wettbewerb, in dem über 50 Milliarden mögliche Medikamentenwirkstoffe daraufhin getestet werden, ob sie das Virus effektiv blockieren können. So etwas geht nur mit großen Datenbanken und KI. Auch beim Auswerten Tausender von Studien zu Corona hilft KI, ebenso bei der Analyse von Röntgenbildern, in automatischen Callcentern oder bei der Verfolgung und Prognose, wie sich die Pandemie entwickelt.
Zur Person
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Wissenschaftsjournalist und Buchautor
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33 Fragen, 33 Antworten: Künstliche Intelligenz
makro: Software-Startups schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Im Silicon Valley, aber auch in China beobachten wir eine Art Urknall an digitalen Geschäftsideen. Welche Rolle spielt dabei KI?
Eberl: Etwas überspitzt gesagt: Eine digitale Geschäftsidee ohne KI hat kaum noch eine Chance. KI wird alle Lebensbereiche radikal verändern - in Büros und Banken, in Fabriken. Labors und Kliniken, auf den Straßen und zu Hause, von den Äckern bis ins Weltall. Und wir stehen erst am Anfang: Binnen 25 Jahren wird sich die Leistung von Mikrochips noch einmal vertausendfachen.
makro: Für die deutsche Industrie sind Automatisierung und Robotik - und damit der Einsatz von KI - ein Schlüsselthema. Sind unsere Firmen hier noch auf der Höhe der Zeit?
Eberl: Bei Suchmaschinen, sozialen Netzwerken oder dem Internethandel ist der Zug abgefahren; wir werden kein zweites Google, Facebook oder Amazon bauen, wie es China in seinen streng kontrollierten Märkten tun konnte.
Aber wir haben auf anderen Feldern sehr gute Karten: Wir haben in Deutschland und Europa eine exzellente Ausbildung - viele Top-Experten der KI stammen von hier, auch wenn sie oft in den USA arbeiten. Wir haben Tausende von Weltmarktführern, Konzerne ebenso wie Mittelständler: aus Auto- und Maschinenbau, Energie- und Elektrotechnik, Chemie und Pharma.
Da ist viel Potenzial für KI: So ist die junge Firma Celonis aus München weltweit führend bei der Optimierung von Industrieprozessen mittels KI, DeepL aus Köln gilt als weltbeste Übersetzungssoftware, Franka Emika baut die innovativsten Roboter für die direkte Zusammenarbeit mit Menschen - und das sind nur drei Beispiele.
Wenn wir uns auf unsere Stärken konzentrieren, wie Umwelt und Medizin, Verkehr und Energie, industrielle Fertigung und eine möglichst sichere und vertrauenswürdige Technik mit gutem Schutz der Privatsphäre - dann ist mir um die Zukunft nicht bange.
Das Interview führte Jessica Petz.