Gesellschaft

Wasserknappheit: "Die Situation ist angespannt"

Dass man sich in Deutschland Gedanken um die Wasserversorgung macht, hätte vor wenigen Jahren noch niemand gedacht. Prof. Dietrich Borchardt sagt im Interview, womit zu rechnen ist.

Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 04.05.2026

makro: Ob Bodenfeuchte oder Grundwasserspeicher - wo stehen wir nach drei Dürresommern in Folge? Und wie gehen wir in den Sommer 2021?

Dietrich Borchardt: Wir gehen mit einer angespannten Situation in den Sommer 2021. Die Wasserstände der oberen Grundwasserstockwerke sind in vielen Regionen Deutschlands am Ende des Winters ähnlich niedrig wie 2018, 2019 und 2020. Dies betrifft beispielsweise in Sachsen und Bayern bis zu 75% der Grundwasser-Messstellen.

Nach einem trockenen Herbst 2020, einem niederschlagsreichen Winter 2021, ist in Deutschland die klimatische Wasserbilanz für das aktuelle Frühjahr wieder fast flächendeckend negativ. Besonders ausgeprägt ist dies aktuell in Bayern nördlich der Donau, im nördlichen Baden-Württemberg, im Rhein-Main-Gebiet und dann flächendeckend in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern. Es gibt nur wenige Ausnahmen: die Voralpen, den nördlichen Schwarzwald, das Sauerland.

Es ist deshalb nicht überraschend, dass der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung bereits jetzt südlich des Mains, vor allem in Baden-Württemberg und Bayern nördlich der Donau für die Pflanzen "Trockenstress" ausweist.

Zudem ist der Oberboden bis 25 cm südlich einer Linie Frankfurt bis Leipzig schon jetzt ungewöhnlich trocken bis hin zu ausgeprägten Dürren. Beim Gesamtboden bis 2 m ist es noch gravierender und Werte für "schwere" bis "extrem Dürre" zeigen sich in Nordostdeutschland etwa nördlich einer Linie von Bremen über Hannover, Erfurt nach Leipzig.

Zur Person

  • Prof. Dr. Dietrich Borchardt blickt in die Kamera

    Wasserexperte, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

makro: Immer mehr Rückstände aus Düngemitteln, aber auch andere Mikroschadstoffe wie PFC finden ihren Weg ins Trinkwasser. Wie kann man dem begegnen? Und was kommt da an Kosten auf uns zu?

Borchardt: Wir können dem Problem der überschüssigen Nährstoffe oder der Mikroschadstoffe auf zwei Wegen begegnen. Sie an der Quelle vermeiden, also gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangen lassen. Oder versuchen, sie am Ende ("end-of-pipe") wieder herauszufiltern, etwa durch zusätzliche Reinigungsstufen in Kläranlagen oder in der Rohwasseraufbereitung des Trinkwasser.

Letzteres ist immer der teurere Weg, wobei die genauen Kosten sehr stark vom Einzelfall abhängig sind und oft vom Verursacher auf den Verbraucher verlagert werden. Zu diesen Kosten addieren sich weitere Umweltwirkungen, etwa beim Energieaufwand für die Filtration oder die Entsorgung der kontaminierten Filterrückstände.

makro: Viel Wasser geht in die Landwirtschaft. Kann man diesen Verbrauch reduzieren oder ist das angesichts des fortschreitenden Klimawandels illusorisch?

Borchardt: Beim Wasserbedarf in der Landwirtschaft muss man differenzieren. Beim Pflanzenbau haben wir in Deutschland eine "Regenwasserlandwirtschaft", weil aktuell nur rund 3,8% der Ackerfläche in Deutschland künstlich bewässert werden müssen. Dieser Anteil wird aber zukünftig mit dem Klimawandel sicher steigen und es werden in den kommenden Jahrzehnten Zunahmen bis um den Faktor sieben prognostiziert.

Weil dann neue Nutzungskonkurrenzen drohen, etwa mit der Trinkwassergewinnung, muss die Effizienz der Bewässerung erhöht werden, damit der Flächenbedarf für die Bewässerung und die genutzten Wassermengen entkoppelt werden ("more crop per drop").

Der überwiegende Anteil der Landwirtschaft wird aber auch dann noch mit dem Niederschlag auskommen müssen und das bedeutet im wesentlichen Anpassungen bei Anbaumethoden, Nutzpflanzen und ähnlichem.

makro: Deutschland gilt hinsichtlich der Wasserversorgung noch als relativ "safe". Wie sieht es in anderen Regionen aus, beispielsweise in Südeuropa?

Borchardt: Sehr viel kritischer, obwohl diese Regionen schon seit vielen Jahrhunderten mit weniger Wasser auskommen müssen als wir und eigentlich besser angepasst sein sollten. Hier spielen viele Faktoren ein Rolle, dazu zählen neben dem natürlicherweise niedrigeren Wasserdargebot vor allem eine nicht wasserverträgliche, durch Subventionen fehlgeleitete Landwirtschaft, Bevölkerungswachstum, Wasserverschwendung und nicht zuletzt ineffiziente oder für die Durchsetzung gesetzlicher Vorgaben nicht hinreichend ausgestattete Verwaltungen.

All dies wird hier besonders durch den Klimawandel verschärft, weil sich Hitzewellen, Dürren, aber auch Starkregen - und damit vor allem die Klimaextreme - in Südeuropa sehr viel stärker verändern werden als bei uns.

Das Interview führte Carsten Meyer.

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