Gesellschaft
Währung als Waffe: "Unter dem Einfluss der Politik"
US-Präsident Trump hat den Dollar als Instrument zur Durchsetzung seiner Interessen entdeckt. Das Wirtschaftsmagazin makro sprach mit Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel, inwieweit dies die fragile Konjunktur gefährdet.
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makro: Schwächt China aktiv seine Währung oder ist der billige Yuan vielmehr logische Folge von Trumps Handelskrieg gegen das Land?
Klaus-Jürgen Gern: Die Indizien sprechen dafür, dass die chinesische Währung fundamental unter Druck steht und die chinesische Regierung im bisherigen Verlauf des Jahres die Währung eher gestützt als künstlich verbilligt hat.
makro: Ein schwacher Yuan fördert zwar den Export, hat aber für China keineswegs nur Vorteile. Wo liegen die Risiken?
Klaus-Jürgen Gern: China hat einen hohen Importbedarf, der wesentlich auch aus Rohstoffen und Zwischenprodukten besteht, die in Dollar abgerechnet werden. Dies führt dazu, dass sich bei einer Abwertung gegenüber dem Dollar die Produktionskosten erhöhen und die Abwertung sich nicht in vollem Umfang in eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit umsetzt. Zudem wird durch die Verteuerung der Importe die inländische Kaufkraft geschmälert, was für sich genommen die Konjunktur dämpft.
Zur Person
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Experte für internationale Wirtschaftsfragen
makro: Mit dem Tweet, EZB-Chef Mario Draghi manipuliere den Wechselkurs des Euro zu Amerikas Ungunsten, nimmt Donald Trump die europäische Währung ins Visier. Es klingt wie die Vorwürfe gegen China. Worauf muss sich Europa einstellen?
Klaus-Jürgen Gern: Der Handelsüberschuss der EU gegenüber den USA ist dem amerikanischen Präsidenten seit langem ein Dorn im Auge und es ist zu befürchten, dass der handelspolitische Druck noch zunehmen wird, wenn der Konflikt mit China beigelegt werden sollte.
Sollte eine erneute Lockerung der europäischen Geldpolitik, die angesichts der niedrigen Inflation im Euroraum und der sich verschlechternden konjunkturellen Aussichten für die kommenden Monate zu erwarten ist, zu einer Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar führen, könnte die Androhung oder Einführung von Zöllen auf EU-Produkte die Folge sein.
makro: Wird die eigene Währung in unserer multipolaren Welt zur wirtschaftspolitischen Waffe?
Klaus-Jürgen Gern: Bislang haben sich die Währungsrelationen der großen Weltwährungen angesichts der schwerwiegenden handelspolitischen Auseinandersetzungen als relativ stabil erwiesen. Man sollte auch dem Missverständnis begegnen, dass eine Abwertung der eigenen Währung als Waffe dem Ausland schaden und der heimischen Wirtschaft nützen würde. Letztendlich verliert ein Land durch eine Abwertung an Wohlstand, zumal wenn der Wechselkurs nicht seinem fundamentalen Wert entspricht.
Sollte sich die Weltwirtschaft weiter abkühlen, könnte sich allerdings erneut eine Entwicklung einstellen, wie nach der Weltfinanzkrise vor zehn Jahren. Damals führte der Versuch, die Konjunktur geldpolitisch anzuregen, dazu, dass es zu Abwertungsschüben einzelner Währungen kam, und dort, wo eine Aufwertung resultierte, mit zusätzlichen expansiven geldpolitischen Maßnahmen reagiert wurde.
Im Zuge dieser Stafette wurden die geldpolitischen Grenzen durch jahrelange Nullzinspolitik und massive Anleihekäufe verschoben. Mit fraglichem Erfolg, was die realwirtschaftliche Entwicklung angeht, und erheblichen Risiken für die längere Frist.
makro: Staatschefs wie Trump und Erdogan setzen ihre eigenen Notenbankchefs massiv unter Druck, eine Art Währungskrieg im Innern: Wie steht es um die Unabhängigkeit der Notenbanker?
Klaus-Jürgen Gern: Gegenwärtig scheint die Unabhängigkeit der Notenbanken in den großen Industrieländern weiter Bestand zu haben. Direkte Einflussnahme der Regierungen auf die geldpolitischen Entscheidungen ist nicht erkennbar bzw. nicht von Erfolg gekrönt gewesen.
Die Geldpolitik steht gleichwohl auf verschiedene Weise unter dem Einfluss der Politik. Zum einen kann durch die Besetzung von Spitzenämtern die geldpolitische Ausrichtung beeinflusst werden; deutlich war dies etwa im Jahr 2013 in Japan.
Darüber hinaus ist die Geldpolitik auch dadurch beschränkt, dass sie aufgrund des inzwischen allgemein hohen Bestands an Staatsanleihen die Auswirkungen ihrer Politik auf die Staatshaushalte und die Finanzmärkte im Blick behalten muss.
Das Interview führte Carsten Meyer.