Gesellschaft
37°: Nie auf Augenhöhe
Sehr große und sehr kleine Menschen leben stets außerhalb der Norm. Ob vererbt oder durch eine Krankheit – zahlreiche Herausforderungen machen Alltag und Beruf kompliziert.
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 04.02.2025
- Ton
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- AD
Der kleinwüchsige Ralf und seine normal große Frau Susi möchten ihrer Tochter helfen, ihr Leben trotz Kleinwuchses zu meistern. Rolf Mayr hat seine Söhne motiviert, ihre Größe für den Basketball zu nutzen. Und Annas Eltern haben sich für eine Hormonbremse entschieden.
Ralf Hebold (41) aus Magdeburg hat Hypochondroplasie, eine genetisch bedingte Störung des Knochen- und Knorpelwachstums. Als Kind musste er sehr schmerzhafte Beinverlängerungs-Operationen über sich ergehen lassen - die haben ihm 15 Zentimeter geschenkt. Heute ist er 1,47 Meter groß. Seiner Tochter, die diese Krankheit geerbt hat, möchte er diese OPs am liebsten ersparen. Er hofft dennoch, dass auch sie eines Tages ein normales Auto fahren und ein selbstständiges Leben führen kann.
Deshalb ist die vierjährige Judy in Behandlung bei Professor Klaus Mohnike, Endokrinologe und Chefarzt in der Universitätsklinik Magdeburg. Der forscht gerade an einem neuen Medikament, das ihr Wachstum fördern könnte. Wird Judy davon profitieren? Oder wird sie sich später doch - wie der Vater - die Beine operativ verlängern? Vorsorglich erkundigen sich die Eltern bei Professor Rainer Baumgart in München, wie ein solches Prozedere ablaufen würde. Wird es heute noch so schlimm sein wie früher? "Sie wird das schon schaffen", meinen die Eltern einhellig. Denn eines hat Ralf seiner Tochter jetzt schon mitgegeben: Selbstbewusstsein! Und tatsächlich, Judy macht es wie ihr Vater und klettert überall hoch, um selbst das zu erreichen, was sie möchte. Sich helfen lassen ist die absolute Ausnahme. Auch im Kindergarten lässt sie sich von niemandem gängeln.
Rolf Mayr (55), genannt Bibo nach dem großen Vogel in der "Sesamstraße", ist mit 2,22 Metern der größte Deutsche. "37°" hat bereits über ihn berichtet. Bibos Sohn Daniel (24) wurde damals vom Arzt vermessen, um eine Prognose über seine Größe zu erstellen. Nun ist Daniel mit 2,18 Metern ausgewachsen und Basketball-Profi geworden - wie früher sein Vater. Beide haben im Sport die Möglichkeit gefunden, das Beste aus ihrer Länge zu machen. Nach seiner Knieverletzung vor zwei Jahren kämpft er unermüdlich um sein Comeback. "Die Körpergröße gibt eine gewisse Sicherheit. Ich merke, dass ich von Natur aus Respekt erzeuge", erzählt Daniel.
Auch wenn Größe oft von Vorteil ist, bringt sie auch Nachteile mit sich: Man fällt überall auf, wird oft angequatscht oder ungefragt fotografiert. Das regt vor allem Bibos zweite Ehefrau Gaby auf, die selbst 1,80 Meter aufweist und ihren Mann bei einem "Große-Leute-Forum" kennengelernt hat. Inzwischen haben sie zusammen einen dritten Sohn, Peter, der mit Sicherheit auch so riesig wird wie seine beiden Halbbrüder. Der Vater bringt ihnen bei, gelassen mit all dem umzugehen. Sie haben gelernt, vor jedem Türrahmen den Kopf einzuziehen und sich beim Küssen zu den Mädchen hinunterzubeugen. Die wiederum müssen stets weit nach oben schauen. Augenhöhe ist nur möglich, wenn man sich auf Stufen stellt.
Für Mädchen ist es schwieriger, so groß zu sein. Es widerspricht dem Klischee von Frauen, die normalerweise kleiner sind als Männer. Anna aus Itzehoe ist mit 13 Jahren schon 1,85 Meter groß. In der Schule fällt sie ständig auf. Um dem entgegenzutreten, verhält sie sich meist ein wenig schüchtern. Ihre ebenfalls sehr großen Eltern lassen ihr Hormone verschreiben, damit sie nicht zwei Meter groß wird - eine etwa dreifach dosierte Antibabypille. Die verursacht oft Übelkeit. Wird sich die Behandlung für Anna auszahlen?
Drei Familien mit ungewöhnlich großen und kleinen Menschen erzählen in "37°", wie sie ihr Leben meistern und sich gegenseitig unterstützen.