Film

DocuMe - Laura, Linda, Gera und ich

Mit einem alten Fotoalbum unterm Arm macht sich die Filmemacherin Katrin Rothe auf den Weg in ihre Heimatstadt Gera, um ihre Großnichte Laura zu porträtieren. Doch es kommt anders.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland 2025
Datum:
Verfügbar in
D / CH / A
Verfügbar bis:
bis 01.02.2026
Eine Frau sitzt im Sand. Im unteren Bildrand gemaltes Wasser.
Melancholisch auf dem Volleyballfeld: Katrin Rothe erinnert sich daran, dass hier einst das Freibad von Gera war.

Denn die 22-Jährige Laura, die mit ihrem TikTok-Kanal "creepyfacee" über 100.000 Follower hat, zieht sich aus dem Filmprojekt zurück. So streift die Autorin allein durch die Stadt ihrer Kindheit und erkundet Orte, die ihr einmal wichtig waren.

Viele dieser Orte existieren nicht mehr, sie sind verschwunden, wurden abgerissen oder umbenannt. Die Filmemacherin ist konfrontiert mit den Ruinen ihrer persönlichen Vergangenheit und stellt an sich ein Gefühl von Scham in Bezug auf ihre Identität als Ostdeutsche fest.

Sie wollte ihrer Großnichte eigentlich auch ihr Gera zeigen, die Orte und Geschichten, die sie geprägt haben. Aber da sich Laura kurzfristig entschließt, doch nicht vor eine Kamera zu treten, die nicht ihre eigene ist, steht die Filmemacherin allein vor dem Kulturpalast in Gera - einem der wenigen verbliebenen Orte ihrer Jugend mit Symbolkraft. Dort hatte sie als Jugendliche unter dem Zeichen von Hammer und Sichel auf der Bühne getanzt und in der "Galerie der Freundschaft" ausgestellt. Dort entwickelt sich während der Dreharbeiten ein neu empfundener Stolz auf die gelebte Vergangenheit.

Daran hat auch die Begegnung mit der 18-jährigen Linda Anteil, die den Blick der Filmemacherin auf Gera positiv verändert. So unerwartet, wie Laura sich zurückgezogen hat, beginnt Linda, sich für Katrins Geschichten zu interessieren, und begleitet sie auf ihren Erkundungen. Linda bringt das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein einer jungen Generation aus Gera mit, deren Verhältnis zu ihrer Heimatstadt unbelastet ist.

Katrin Rothe, geboren 1970 in Gera, hat experimentelle Filmgestaltung an der Universität der Künste Berlin und am "Central Saint Martins College of Art and Design" in London studiert. Sie lebt und arbeitet als Autorin von Dokumentar-, Spiel- und Hybridfilmen in Berlin. Ihre Filme wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem zweimal mit dem Adolf-Grimme-Preis. Filme (Auswahl): "Dunkler Lippenstift macht seriöser" (2003), "Betongold - Wie die Finanzkrise in mein Wohnzimmer kam" (2013), "1917 - Der wahre Oktober" (2017), "Johnny & me - Eine Zeitreise mit John Heartfield" (2023).

3sat zeigt "Laura, Linda, Gera und ich" im Rahmen der neuen 3sat-Dokumentarfilmreihe "DocuMe", die von Menschen in Veränderungsprozessen erzählt und mit Erzählformen abseits des medialen Mainstreams experimentiert.

Interview mit Filmemacherin Katrin Rothe

Ursprünglich sollte der Film deine Großnichte Laura porträtieren, die erfolgreich auf TikTok und YouTube ist. Wie kam es zur Entscheidung, dann einen anderen Film in Gera zu machen?

Splitscreen mit drei Bildern: Eine Frau mit Smartphone (Mitte). Eine junge Frau mit skeptischem Blick (links). Dieselbe junge Frau, aufwändig geschminkt (rechts).
Katrin Rothe (Mitte) und Laura creepyfacee (links und rechts).

Mein Plan war simpel: Ich wollte für Laura Schmink-Events organisieren, bei denen sie in der Stadt selbst in Erscheinung treten kann - ein Empfang beim Bürgermeister, Show-Schminken im Einkaufszentrum oder auf dem Weihnachtsmarkt. Eine Win-win-Situation für alle: Sie würde in Gera bekannter werden und sich etwas dazuverdienen. Als Filmemacherin, die nicht nur aus dem Osten, sondern sogar aus Gera kommt, wollte ich auch das Image der Stadt positiv beeinflussen. Denn dieses ist nicht gerade vorteilhaft, was mich ärgert. Gera hat das nicht verdient - die Stadt bietet viele Möglichkeiten für talentierte junge Menschen. Als Laura dann vom gemeinsamen Filmprojekt absprang, konnte ich nicht einfach aufgeben. Zunächst habe ich trotzig eine Art "Anti-Stadtführung" gemacht - leere Geschäfte, abgerissene Fabriken, umbenannte Straßen und Gebäude.

Im Film steht dir nun Linda zur Seite - eine scheinbar zufällige Begegnung. Wie kam es dazu, dass sie dich begleitet?

Linda ist für ihre Ausbildung aus dem Umland nach Gera gezogen. Für sie ist die Stadt voller Möglichkeiten und Entdeckungen. Im Gegensatz zu Laura ist sie lieber draußen als drinnen - und so kam es, dass wir gemeinsam viele schöne Nachmittage in Gera verbracht haben. Ich habe den neuen Hofwiesenpark entdeckt, sie das denkmalgeschützte Kultur- und Kongresszentrum von innen. Das sind dann ganz andere Bilder geworden.

Du lässt das Gera, in dem du aufgewachsen bist, aufleben, lernst die Stadt aber auch noch einmal ganz neu kennen. Konnte Gera dich dabei überraschen?

Mich schockiert zum Beispiel immer noch, dass die Schwimmbecken des städtischen Freibads mit Sand zugeschüttet wurden. Doch Dank Lindas unvoreingenommenem Blick, die das Schwimmbad nie als Schwimmbad kennenlernte, habe auch ich gelernt, diesen Ort anders zu sehen. Er ist der "Strand von Gera", ein Platz zum Spazierengehen und Verweilen.

Dein Sohn hat für den Film die Kamera übernommen. Schon für deinen letzten Film "Johnny & Me" habt ihr zusammengearbeitet. Hat seine Anwesenheit deinen Blick auf Gera im Film beeinflusst?

Ähnlich wie Linda bringt auch er eine junge Perspektive in den Film. Er hinterfragt mich - und das ist gut so. Ich musste ehrlich zu mir selbst sein. Zum Beispiel gestehe ich ihm meine Scham ein, Ostdeutsche zu sein. Die Anwesenheit meines Sohnes beim Dreh hat dafür gesorgt, dass ich nicht in selbstgefällige Denkmuster verfallen konnte. Dass ich im zentralen Kulturhaus der Stadt früher im Jugendballett getanzt habe, eine Show moderiert und in der "Galerie der Freundschaft" ausgestellt habe, sind Dinge, über die ich immer noch mit einer gewissen Zurückhaltung spreche. Doch warum eigentlich? Im Film übe ich, ohne ein relativierendes "aber" von meinen ostdeutschen Erfahrungen zu sprechen.

Wie in all deinen Filmen kommt auch hier eine Trickfilmebene zum Einsatz. Welche konzeptionellen Überlegungen stecken dahinter?

Die Malereien sind so etwas wie meine Notizen - wichtige Stichworte, die ich mir aufschreibe, also Sketchnotes.

Haben Laura und Linda den fertigen Film schon gesehen? Welches Feedback hast du von ihnen bekommen?

Beide haben sehr positiv reagiert und sind stolz auf ihren Beitrag. Gera ist nämlich auch eine charmante Provinzstadt, die jungen Menschen viele Entfaltungsmöglichkeiten bietet.

Interview: Clara Zink, Januar 2025

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