Film

DocuMe - Kleines Universum

Einst gehörte Amena der Himmel über Afghanistan. Sie erklärte Mädchen an den Schulen das Weltall. Dann kamen die Taliban, und sie musste fliehen.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland 2024
Datum:
Verfügbar in
D / CH / A
Verfügbar bis:
bis 01.02.2026

Seit 2021 lebt die Endzwanzigerin in einer süddeutschen Kleinstadt. Als studierte Ingenieurin versucht sie, sich ein neues Leben, auch in der Wissenschaft, aufzubauen. Ihren Traum, eines Tages selbst zum Mond zu fliegen, trägt sie weiter in ihrem Herzen.

Frau blickt im Profil durch ein Fernrohr.
Für Amena gehört Horizont-Erweiterung zum Überleben.

In Afghanistan gilt die Astronomie heute Vielen als sündhaft, Diskussionen über die Theorie des Urknalls waren und sind gefährlich. Der Blick in den Nachthimmel erweitere den Horizont, wecke Träume und Sehnsüchte und könne damit die Ordnung der Welt ins Wanken bringen, so Amena. Die Himmelskundlerin studierte als eine der wenigen Frauen ihres Landes Ingenieurwissenschaften und gründete "Kayhana" - das "Kleine Universum" - die erste astronomische Vereinigung für Mädchen am Hindukusch.

Nachdem internationale Organisationen darauf aufmerksam geworden waren, wurde der Verein in die Internationale Astronomische Union (IAU) aufgenommen. Amena konnte Artikel in internationalen Fachzeitschriften publizieren. Der britische Sender BBC zeichnete sie als eine der 100 inspirierendsten Frauen der Welt aus.

Der Film begleitet Amena bei ihrem Neuanfang in Deutschland, wo es eine Akademikerin ohne die notwendigen Diplome trotz aller Unterstützung nicht einfach hat. Amena unterrichtet weiterhin, von Deutschland aus, ihre Schülerinnen in Afghanistan über Onlinekurse und Handygespräche. Denn der totale Ausschluss junger Mädchen von Wissenschaft und Bildung bereitet der jungen Frau im Exil große Sorge.

Nele Dehnenkamp arbeitet als freie Autorin und Regisseurin für Dokumentarfilme und Radio-Features. Sie studierte Sozialwissenschaften in Berlin und New York sowie Dokumentarfilmregie an der Filmakademie Baden-Württemberg. Ihre Filme wurden auf international renommierten Festivals gezeigt und ausgezeichnet. Für ihren Kurzfilm "Seepferdchen" (2020) erhielt sie unter anderem den Adolf-Grimme-Preis und den CIVIS-Medienpreis. Ihr Langfilmdebüt "For the Time Being" (2023) wurde mit dem Gedankenaufschlusspreis auf dem Festival "DOK Leipzig" ausgezeichnet.

Interview mit Filmemacherin Nele Dehnenkamp

Mit Amena stellen Sie uns eine ungewöhnliche Frau vor, die einen mutigen Schritt gewagt hat. Wie sind Sie auf Ihre Protagonistin gestoßen?

Porträtfoto von Nele Dehnenkamp, die einen dunkelblauen Rollkragenpullover trägt und in die Kamera lächelt.
Nele Dehnenkamp

Ich bin durch einen Artikel in einer Regionalzeitung auf Amena aufmerksam geworden. Darin wurde erwähnt, dass sie in Afghanistan die erste astronomische Vereinigung für Frauen und Mädchen gegründet hat: "Kayhana", Persisch für "Kleines Universum". Obwohl ihr in ihrem Heimatland nur wenige Mittel zur Verfügung standen, unterrichtete sie Schülerinnen in Himmelskunde und erklärte ihnen: "Ihr dürft nach den Sternen greifen." Diese Verbindung von Frauenrechten und Astronomie hat mich interessiert, weil sie eine Geschichte über Handlungsmacht ist. Eine Geschichte über die Kraft von Bildung und Wissen.

Das Weltall ist noch immer ein patriarchaler Raum, auch wenn sich das langsam ändert. Zum Beispiel wird bald die erste "befraute" Raumfähre zum Mond aufbrechen. Obwohl Amena in einer männerdominierten Gesellschaft aufwuchs, hat sie einen feministischen Blick auf die Astronomie und die Welt allgemein. Das hat mich fasziniert. Zugleich habe ich beobachtet, wie das Schicksal afghanischer Frauen unter der Taliban-Herrschaft zunehmend aus der Öffentlichkeit verschwindet. Ihr Leid scheint in einem fernen Paralleluniversum stattzufinden. Amenas Geschichte sehe ich als eine Möglichkeit, unseren Blick wieder nach Afghanistan zu lenken.

Was hat sich für Amena seit ihrer Ankunft in Deutschland für sie verändert, beziehungsweise, wie geht ihre Geschichte weiter?

Wie die meisten Geflüchteten hat Amena mit ihrer Flucht viel verloren: Sie musste ihren Freundeskreis zurücklassen, ihre Familie, ihren beruflichen Status, das Ansehen, was sie sich durch ihr Engagement im Bereich der Frauenrechte und der Astronomie erarbeitet hat. Während der ersten Monate in Deutschland haben diese Verluste eine große Verzweiflung in ihr ausgelöst. Sie hat sich allein und überfordert gefühlt.

In Afghanistan hatte Amena wiederum nicht die Möglichkeit, Astronomie oder Luft- und Raumfahrttechnik zu studieren. In Deutschland steht ihr dieser Weg - zumindest formal - offen. Eine Chance, die sie nutzen möchte. Amena will nicht, dass ihre Fluchterfahrung ihr gesamtes Leben bestimmt, sondern sie hält an ihren Ambitionen fest. Auch weil sie sich den Frauen und Mädchen in Afghanistan sehr verbunden fühlt. Daran hat ihre Flucht nach Deutschland nichts geändert. Derzeit bereitet sie sich auf ein Studium vor.

Amena steht und stand nicht nur für Ihren Dokumentarfilm im Fokus der Medien. Hat das ihr Ankommen in Deutschland erleichtert?

Mit der Machtergreifung der Taliban musste Amena Afghanistan verlassen und saß mehrere Monate in Pakistan fest. In dieser Zeit haben sich die Medien sehr für ihre Geschichte und ihre Arbeit bei "Kayhana" interessiert. Als sie in Deutschland ankam, gab es vor allem lokale Berichterstattung. Daraus ergaben sich einige nützliche Kontakte für sie, etwa zu Sternwarten oder astronomischen Vereinigungen.

Dennoch war auch für Amenas Ankommen in Deutschland zentral, dass sie die Sprache lernt, die Kultur versteht und Zugänge zum Arbeitsmarkt findet. Einige ihrer Kontakte versuchen, ihr dabei unter die Arme zu greifen. Das erleben wir auch im Film. Es bleibt für sie - wie für viele Geflüchtete - aber schwer, ihre bisherigen beruflichen Leistungen ins deutsche System zu übertragen und hier Fuß zu fassen.

Interview: Nicole Baum, Januar 2025

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