Blick auf einen Strand mit Mittagsblumen

Dokumentation

Namaqualand - Der Blumengarten Afrikas

Namaqualand in Südafrika ist alljährlich Schauplatz eines einzigartigen Spektakels: Eine unwirtliche Wüstenlandschaft verwandelt sich zu einem der größten Blumenbeete der Welt.

Produktionsland und -jahr:
Datum:

An der Westküste Südafrikas ist jedes Jahr ein Märchen aus 1.001 Farbe zu bestaunen: Riesige Blütenmeere mit Mittagsblumen glühen in allen Schattierungen zwischen Gelb, Weiß, Rot, Blau und Orange. Millionen Schwertlilien-Gewächse wenden ihre extravagantesten Blütenköpfe dem Lauf der Sonne zu. Sogar die Steine scheinen in voller Blüte zu stehen.

Veränderung der Landschaft im Zeitraffer

Erstmals porträtiert eine Naturdokumentation diesen einmaligen Landstreifen. Im Auftrag von "Universum" drehten die südafrikanischen Naturfilmspezialisten Lynne und Philip Richardson fast zwei Jahre in Namaqualand, um dieses weltweit einmalige Schauspiel in eine spannende Dokumentation zu verpacken. Dabei kamen zahlreiche elaborierte Filmtechnologien zum Einsatz: Kameras waren an etwa 150 verschiedenen Stellen postiert, um die spektakuläre Veränderung der Landschaft im Zeitraffer einzufangen.

Weiße sternförmige Blüten namens Kapkörbchen
Kapkörbchen
Quelle: ORF/AWF

Es gelangen in diesem Maßstab bisher unbekannte Aufnahmen von grenzenlos scheinenden Blumenwiesen, ihrem Aufblühen während des Tages und der koordinierten Bewegung der Blütenköpfe in Richtung des Sonnenlaufs.

Diese kolossale Entfaltung von Blütenschmuck in so kurzer Zeit ist einmalig in der Natur. Dutzende Kilometer weit erstrecken sich die vielfärbigen Muster über Hügel, Dünen und Senken, säumen Berghänge und Küsten. Die blühende Pracht hat auch praktische Vorteile: Erdmännchen finden in dem Dickicht aus Afrikanischen Goldblumen und Kapkörbchen mehr Insekten, als sie jemals fressen könnten. Strauße machen sich gleich direkt über die grellen Bouquets her, ebenso wie die unermüdlichen Graumulle, die frische Blumen über ein weit verzweigtes Tunnelsystem von unten anknabbern. Auch die Schafherden der Nama, deren Vorfahren schon vor Jahrtausenden in diesem afrikanischen Blumengarten lebten, streifen durch die endlos scheinende Farbenpracht.

Wenn Millionen Pflanzen auf beschränktem Raum zugleich in Blüte stehen, musste die Evolution sehr spezielle Formen der Arbeitsteilung hervorbringen. Blüten und Bestäuber haben sich gemeinsam entwickelt und ihre Bedürfnisse perfekt aufeinander abgestimmt. Manche Bienenarten suchen in den Blütenkelchen keinen Nektar, sondern ein äußerst energiereiches Öl, das die Pflanze extra für sie bereitstellt. Damit nicht jede normale Biene an das kostbare Öl herankommt, lagern die Öltröpfchen in einem eng verwinkelten Blütenkelch. Nur eine spezielle Sägehornbienen-Art mit extralangen Beinen kann dort hineinlangen. Netzfliegen, deren Saugrohr mehr als doppelt so lang ist wie ihre Flügelspannweite, benötigen sogar spezielle Landemarkierungen auf den Blütenblättern. Ohne diese Hilfestellung würden sie die Nektarvorräte in den schlanken Lapeirousia-Blüten verfehlen, besonders bei stärkerem Wind.

Bei einer derart gigantischen Blüte beteiligen sich nicht nur Insekten an den Gegengeschäften zwischen Pflanzen und Tieren. Auch Zwergrennmäuse oder Nektarvögel helfen mit, die gigantische Vielfalt an Pflanzen zu bestäuben. Die starke Konkurrenz zwischen den Pflanzen hat nicht nur die extravagantesten Formen und Farben hervorgebracht, sondern auch die Bestäubungsmethoden extrem verfeinert. Lynn und Philipp Richardson gelangen faszinierende Aufnahmen dieser biologischen Feinmechanik zwischen Pflanzen und Tieren - mit Hilfe von speziellen Makro-Optiken, Geduld und der Erfahrung von Jahrzehnten.

Prachtenfaltung von kurzer Dauer

Doch die Prachtentfaltung in Afrikas Blumengarten ist nur von kurzer Dauer. Nach wenigen Wochen verwandelt sich das größte Blumenmeer der Welt in eine Wüste. Namaqualand zeigt damit sein wahres Gesicht. Nach wenigen Wochen des Überflusses müssen sich alle Bewohner auf die endlosen Monate der Trockenperiode einstellen. Einige der Blumen speichern ihre Feuchtigkeit für bessere Zeiten unterirdisch in Zwiebeln, andere in ihren voluminösen Blättern, manche amputieren sogar Teile ihres Körpers, um Wasser zu sparen.

Acht stehende Erdmännchen auf einem Felsen
Nur die Erdmännchen harren in der Wüstenhitze aus
Quelle: ORF/AWF

Besonders im Knersvlakte-Gebiet, einer Landschaft aus glitzernden weißen Quarzkieseln, lassen sich die extremsten Effekte beobachten. Wo sich kurz zuvor riesige Flächen mit gelben, violetten oder roten Mittagsblumen erstreckten, liegt jetzt nur mehr eine gleißende weiße Fläche: Die Blumen haben sich augenscheinlich in Steine verwandelt. Nur wenn man ganz genau hinsieht, kann man die Pflanzen und ihre unterirdischen Wasserspeicher erahnen.

Wer kann, verlässt diese Hölle. Die Strauße ziehen Richtung Küste, wo die Wüste ein milderes Gesicht hat. Die Nama zieht es mit ihren Schafen, Ziegen und Eselskarren in die entgegengesetzte Richtung: Sie folgen den uralten Wanderrouten der Springböcke ins Landesinnere. Überall ist es jetzt besser als in der öden Landschaft, die kurz zuvor noch Afrikas Blumengarten gewesen ist. Es bleibt nur, wer nicht anders kann. Wie die Erdmännchen, die jeden Tag tiefer und länger graben müssen, um fressbare Insektenlarven, Echsen oder Skorpione zu finden. Erdmännchen sind äußerst fürsorglich und hilfsbereit, nicht nur ihren Jungen gegenüber - auch untereinander. Doch der brennende Hunger bringt ihr Sozialsystem ins Wanken: Sie kämpfen mit ihren eigenen Jungen um die letzten Bissen.

Doch irgendwann, nachdem die Lebenskräfte aller Bewohner von Namaqualand bis ans äußerste Limit strapaziert worden sind, kehren sie wieder: die Regenstürme und Nebelbänke, die der Benguela-Strom über Namaqualand schickt. Nur ein Mal im Jahr kann der Kaltwasserstrom aus der Antarktis so weit nordwärts vorstoßen, dass seine Wettersysteme auch die Wüste von Namaqualand erreichen. Und eine wunderbare Verwandlung möglich machen: von der verbrannten Erde zum Blumengarten Afrikas.

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