Kultur
Theatertreffen: Die Eingeborenen von Maria Blut
Aberglaube, Esoterik und Antisemitismus sind die Zutaten für den Provinz-Horror, den die lange vergessene jüdische Schriftstellerin Maria Lazar im dänischen Exil 1937 schuf.
- Produktionsland und -jahr:
-
- Datum:
- Verfügbar in
- D / CH / A
- Verfügbar bis:
- bis 07.09.2023
- Ton
- UT
- AD
Starke Stücke: Lucia Bihler am Burgtheater Wien
Das idyllische Maria Blut gilt als das österreichische Lourdes, neben der Wallfahrt bestimmt eine Konservenfabrik das Leben im Dorf. Als diese schließen muss, ist es mit der Idylle jedoch schnell vorbei. Die neuen Geschäftsideen des Fabrikbesitzers Schellbach stellen sich als Schwindel heraus. Die 1930er Jahre sind gerade angebrochen, Dollfuß ist Kanzler und die kleingeistigen Eingeborenen von Maria Blut zeigen, wie gefährlich die Mischung aus Frömmigkeit und Abstiegsängsten ist, der aufkommende Faschismus wirft seine Schatten voraus. Die Schuldigen für die Misere des Dorfes sind schnell gefunden, der jüdische Anwalt Meyer-Löw und der sozialdemokratisch gesinnte Arzt, Dr. Lohmann. Gefühllos und hinterhältig werden sie von den Eingeborenen zu Sündenböcken gemacht.
Eine Wiederentdeckung für das Theater
Maria Lazars Blick auf die Landbevölkerung ist gnadenlos. Was später die Welt in den Abgrund stürzt, wird hier schon mal im Kleinen durchgespielt. In messerscharfen kurzen Szenen geht es unbarmherzig dem Ende entgegen. Regisseurin Lucia Bihler verstärkt das Stakkato dieser Miniatur-Dramen durch harte Blacks, die Filmschnitten ähneln. Die Bühne dominiert eine überdimensionierte Madonnenstatue und wird von grotesken Figuren, gehüllt in rosa und fleischfarbenes Latex, bevölkert, die mal chorisch, mal dialogisch, mal erzählend die ganze Boshaftigkeit dieser schaurigen Dorfgemeinschaft entfalten. Das Zusammenspiel aus Bühne, Kostüm, Regie und dem Ensemble des Burgtheaters, macht diese Wiederentdeckung für das Theater zu einem ebenso betörenden, wie verstörenden Erlebnis.
Stefanie Dvorak |
Erzählerin/Fräulein Reindl/Toni/Anselm |
Philipp Haus |
Doktor Lohmann |
Jonas Hackmann |
Adalbert/Vinzenz |
Robert Reinagl |
Herr Herberger, Wirt/Pater Lambert |
Dorothee Hartinger |
Rechtsanwalt Meyer-Löw |
Lili Winderlich |
Notburga/Alice/Marischka, Haushälterin |
Regie: |
LUCIA BIHLER |
Bühne: |
JESSICA ROCKSTROH |
Kostüm: |
VICTORIA BEHR |
Musik und Sounddesign: |
JACOB SUSKE |
Choreografie und Maskenspiel: |
MATS SÜTHOFF |
Maskenbau: |
PETER SPÖRL, HELMUT LACKNER |
Licht: |
NORBERT PILLER |
Dramaturgie: |
ALEXANDER KERLIN |