Kultur
Nussknacker und Mausekönig
Aus dem Opernhaus Zürich
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Wer an Pjotr Tschajkowksis Ballettmusik «Der Nussknacker» denkt, hat sofort die zauberhaften Celestaklänge im Ohr, die zum berühmten Tanz der Zuckerbäckerfee erklingen.
Tschajkowskis fantasievolle Musik hat den «Nussknacker» zu einem der beliebtesten Werke des Ballett-Repertoire werden lassen. Hinter den eingängigen Klängen verbirgt sich die märchenhaft fantastische Geschichte vom Mädchen Marie, das sich im Bann der Weihnachtsbescherung in einen unheimlichen Fiebertraum steigert, in dessen Verlauf Spielzeugfiguren und Zuckersachen zu Leben erwachen und am Ende die siegreiche hölzerne Nussknackerpuppe als Maries Traumprinz erscheint.
Der Nussknacker-Handlung liegt eine Novelle von E.T.A. Hoffmann zugrunde, einem der berühmtesten Dichter der deutschen Romantik. Hoffmanns meisterhafte Märchenerzählung springt virtuos hin und her zwischen Traum und Wirklichkeit und verschachtelt mehrere Erzählebenen ineinander. Auf dem Weg zum Ballett-Libretto hat seine Geschichte durch Bearbeitungen viel von ihrer schwarzromantischen Fantastik verloren. Der zweite Akt des Balletts etwa besteht im Libretto von Alexandre Dumas und Marius Petipa, dem die Ballettproduktionen seit der Uraufführung folgen, nur noch aus einem weitgehend handlungsfreien Divertissement, das eine bunte Folge von Tänzen und Ausstattungeffekten aneinanderreiht.
Der deutsche Choreograf Christian Spuck unternimmt nun in seinem «Nussknacker»-Ballett den Versuch, sich von der Dumas/Petipa-Version abzusetzen und die literarische Ursprungserzählung wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Spuck interessiert sich mehr für E.T.A. Hoffmanns unheimliche Fantastik als für das zuckersüsse Weihnachtsballett. So holt er etwa das Märchen von der in ein Nussmonster verwandelten Prinzessin Pirlipat zurück in die Handlung, das in E.T.A. Hoffmanns Version als Vorgeschichte zum Nussknacker erzählt wird.
Im Bühnenbild von Rufus Didwiszus wird die Werkstatt des Paten Drosselmeier zu einem alten Revuetheater, in dem die Figuren des Balletts zu neuem Leben erwachen. Spucks Choreografie spielt mit dem überbordendem Figurenreichtum von E.T.A. Hoffmanns Erzählkosmos, der Skurrilität und dem überdrehten Witz, der ihnen innwohnt, aber er blickt auch in die düsteren Abgründe der Romantik.