Kultur
"Kulturzeit" vom 08.11.2023: Der neue Islamismus und das Kalifat
Die Themen der Sendung: Islamismus - Gespräch mit Susanne Schröter, Mussolinis Redenschreiber, Thomas Guggeis, Willard Wigan, "Totém".
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2023
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 08.02.2024
Die Themen der Sendung:
Susanne Schröter zu Islamismus in Deutschland
Die Frankfurter Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter fürchtet eine Zunahme von Gewalttaten auch in Deutschland durch linke und islamistische Israel-Gegner. Neben der Gefahr gewaltsamer Auseinandersetzungen bei Anti-Israel- Demonstrationen sehe sie die noch größere Gefahr in terroristischen Aktivitäten, sagte sie in "Die Tagespost": "Dafür besteht in anti-israelischen und antisemitischen Milieus ein Resonanzraum, dort gibt es bereits radikale und gewaltbereite Islamisten, die sich jetzt ermutigt sehen könnten wieder zuzuschlagen." Radikale Islamisten, so Schröter weiter, hielten es nicht nur für legitim, Juden zu ermorden, sie sähen auch Christen und liberale Muslime sowie den Westen insgesamt als ihre Feinde an: "Daher wird sich die Sicherheitslage bei uns verschlechtern."
Scharf kritisiert die Islamismus-Expertin vor allem linke Kreise in Deutschland und in anderen Ländern, die sich einseitig mit den Palästinensern solidarisierten statt mit dem von Hamas-Terroristen attackierten Israel. Das sei auch begründet in der postkolonialen Theorie, die an vielen Universitäten gelehrt werde: "Dabei geht man - übrigens vollkommen faktenfrei - davon aus, dass sich seit der Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien nichts Wesentliches geändert habe. Der Westen beute den globalen Süden aus und sei nach wie vor von kolonialem Denken beherrscht." Susanne Schröter ist Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam. Zuletzt erschien von ihr das Buch "Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmaßung und Selbsthass". Wir sprechen mit ihr über den neuen Islamismus in Deutschland.
Der Redenschreiber des Duce
Die Geschichte beginnt in Basel und führt über Brasilien ins faschistische Rom zur Zeit Mussolinis. Gabriel Heim, ein Basler Journalist, ist ein sogenanntes Kuckuckskind. Er ist der Sohn einer Affäre seiner Mutter mit einem gewissen Felix Gasbarra. Der leibliche Vater hatte zu Lebzeiten alle Kontaktversuche seines Sohnes abgelehnt. Gabriel Heim wusste nur das Wenige über ihn, das ihm seine Mutter erzählt hatte. Das änderte sich, als vor wenigen Jahren die Halbschwester Heims in Brasilien auftauchte. Heim besuchte sie. Und außer den mündlichen Berichten seiner Schwester fand er dort auch hunderte von Dokumenten, Briefe und Bilder von seinem Vater, und es stellte sich heraus: Er, der Jude, hatte einen faschistischen Vater, der eine zentrale Stellung im Propagandaministerium Mussolinis innehatte.
Als Mussolini 1937 nach Berlin kam, hielt er im Olympiastadium eine faschistische Bruderrede auf Deutsch. Geschrieben hatte die Rede Gasbarra. Gasbarra hatte zuvor mit allen künstlerischen Größen in Deutschland verkehrt: Klaus Mann, Brecht, Kandinsky, der Theaterregisseur Erwin Piscator. In diesen Kreisen hat er sein rhetorisches und schriftstellerisches Handwerk erlernt und es später für Mussolini eingesetzt. Nach dem Krieg verfasste er Hörspiele und übersetzte George Orwell. Eine also im wahrsten Sinne schillernde und zweifelhafte Figur. Für Heim, der in einer jüdischen Familie aufwuchs und sich als Autor des Schweizer Magazins "Tacheles" regelmäßig zu jüdischen Themen äußert, kein leichter Weg, sich diesem Vater anzunähern. Jetzt ist sein Buch "Wer sind Sie denn wirklich, Herr Gasbarra?" erschienen.
Generationenwechsel an der Oper Frankfurt: neuer GMD Thomas Guggeis
Den Posten des neuen Generalmusikdirektors an der oper in Frankfurt am Main hat der erst 29-Jährige Thomas Guggeis übernommen. Von Daniel Barenboim gefördert, sorgte er schon an der Berliner Staatsoper für Furore. Zuletzt sprang Thomas Guggeis für den erkrankten Barenboim beim "Ring" ein und konkurrierte direkt mit Wagner-Koryphäe Christian Thielemann. Und der direkte Vergleich hat ihm nicht geschadet. Im Gegenteil: Die Kritik schlug sich auf die Seite des 1993 in Dachau geborenen Thomas Guggeis. Jetzt bringt er die "Anti-Anti-Oper" "Le Grand Macabre" von Geörgy Ligeti zur Frankfurter Erstaufführung. Das von der Popart inspirierte Werk von 1978 nannte der Komponist selbst "gefährlich, übertrieben, ganz verrückt und dreckig", ein überdrehter Stilmix, in dem er mit dem wohl heftigsten Besäufnis der Operngeschichte aufwartet. Ein gesteigertes Interesse für Fortschritt beweist der neue Chefdirigent auch, weil er zuerst Quantenphysik studierte, bevor er bei Barenboim groß rauskam. Wir stellen Thomas Guggeis vor.
Willard Wigan kreiert die kleinsten Kunstwerke der Welt
Willard Wigans' Kunstwerke passen in ein Nadelöhr und sind damit die kleinsten Kunstwerke der Welt. "Ich benutze Spinnweben als Klebstoff und Wimpern als Pinsel" - erzählt der 66-jährige Mikroskop-Künstler aus Birmingham. 2013 erhielt Willard seinen ersten Eintrag im Buch der Guiness World Records und hat sich seitdem schon mehrmals selbst übertroffen. Zu Lebzeiten der Queen hatte Willard sogar die Ehre ihr eine Nadelkopf große Krone schenken zu können. Erst im Erwachsenenalter wurde er mit Autismus diagnostiziert, was er heute für ein Geschenk und den Grund sieht, warum er so gut in seinem Beruf ist. In Nottingham sind seine Miniaturen nun zu sehen - unter der Lupe.
Mexiko-Melodram "Tótem"
Eine mexikanische Großfamilie trifft sich am Geburtstag des erwachsenen Sohns. Der junge Künstler leidet an einer bösartigen Krebserkrankung, sodass selbst seine kleine Tochter von ihm ferngehalten wird, die sehnlich darauf wartet, ihren Papa anlässlich der Feier wiederzusehen. Rund um das Mädchen und seinen kranken Vater entfaltet sich ein ebenso authentisch wie warmherzig gezeichneter Mehr-Generationen-Familienkosmos zwischen Alltagstätigkeiten, Existenzsorgen und komischen wie skurrilen Momenten. Ein zärtlicher Film über das Vergehen des Lebens, der in der Art, wie er Trauer und Lachen, Sterben und Vitalität miteinander verbindet, tief in der mexikanischen Kultur verwurzelt ist. Am 9. November startet der Film in den deutschen Kinos, in Österreich am 1. und in der Schweiz am 7. Dezember.