Kultur

Frau. Leben. Freiheit? - Warum die Frauen im Iran so stark sind

Noch immer sitzen zahlreiche Protestierende in Haft, noch immer drohen weitere Hinrichtungen. Was ist ein halbes Jahr nach dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini aus der Protestwelle geworden und woraus schöpfen vor allem die iranischen Frauen weiter ihre Kraft?

Produktionsland und -jahr:
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 11.03.2024
Ton
UT

Ein Film von Theresa Breuer

Drei zu Kunstwerken gewordene, bemalte Kaffeefilter mit Frauengesichtern.
Die Künstlerin Ghazal Abdollahi nutzt für ihre Portraits starker, iranischer Frauen Kaffeefilter statt Leinwand.

Die Revolte im Iran ist vor allem eine Revolte der Frauen. Haben sie diesmal eine Chance? Die Protestierenden von heute stehen zumindest fest auf den Schultern ihrer mutigen Mütter und Großmütter. Denn trotz jahrzehntelanger Unterdrückung im frauenfeindlichen Mullahstaat sind zwei äußerst gebildete, selbstbewusste und kämpferische Generationen iranischer Frauen herangewachsen. “Es hat nicht mit unserer Generation begonnen, sondern lange vorher. Und mit dem Wissen aus den Kämpfen der vorangegangenen Generationen machen wir jetzt weiter,” sagt die Künstlerin Ghazal Abdollahi. Als Tochter aktivistischer Eltern lebt sie die Rebellion schon ihr Leben lang. Ihre Mutter ist eine politische Gefangene, deshalb musste Ghazal im November fliehen. Dass die Bewegung nicht mehr zu stoppen ist, glaubt sie fest.

Die Dikatur ist angezählt

Frau mit Buch in der Hand blickt in Kamera.
Sarah Doraghi floh als Zehnjährige allein mit ihrer Schwester zu Fuß über die Berge aus dem Iran und landete in Paris.

Sarah Doraghi, iranische Kulturjournalistin und Komikerin, lebt seit ihrem zehnten Lebensjahr im Pariser Exil. Vor wenigen Jahren hat sie das erste Mal wieder ihre Heimat besucht und sehnt sich seitdem an den Ort ihrer Kindheit im Iran zurück. Sie ist sich sicher: Die Diktatur ist angezählt. Vierzig Jahre Unterdrückung haben die Menschen zu Kampfbereiten werden lassen. Doch wird ihre Kraft reichen, das Regime zu stürzen? Ein halbes Jahr nach Jina Mahsa Aminis Tod haben die Proteste abgenommen. “Wir sind schließlich kein Kamikaze-Volk! Wir wollen nicht sterben. Aber wir werden kämpfen”, sagt Sarah Doraghi. Sie fordert, dass Europa endlich handelt und die iranischen Revolutionsgarden auf die Terrorliste setzt. Das Regime soll sehen, dass es nicht nur die Frauen, sondern die Welt gegen sich aufgebracht hat.

Unverschleiert auf farbenfrohen Gemälden

Frau vor einem Kunstwerk. Darauf das in sepierfarben gehaltene Portrait einer Frau mit einer roten Blume im Haar. Die Wand, an der das Kunstwerk hängt ist selbst ein Kunstwerk mit weißem Muster auf grauer Fläche
Die Künstlerin Soheila Sokhanvari bei ihrer Ausstellung im "Barbican" in London.

Der Brutalität etwas entgegenstellen, den Menschen ihre Würde zurückgeben, das will auch Soheila Sokhanvari. In London feiert die Künstlerin weibliche Ikonen aus der Zeit vor der Islamischen Revolution. Ihre Ausstellung "Rebel Rebel“ im Londoner Barbican Center zeigt Sängerinnen und Tänzerinnen, rauchende Frauen, unverschleiert auf farbenfrohen Gemälden. Es sind alles Frauen, deren Leben sich durch die religiösen Fanatiker schlagartig änderte: Künstlerinnen, die berühmt waren, und verfolgt, inhaftiert und verstoßen wurden, weil sie alles repräsentierten, was die Islamisten verabscheuten. "Ich wollte diesen Frauen einen Tempel der Würdigung schenken und ihre Geschichten in die Welt tragen", so die Malerin

Seit 1979 dürfen Frauen im Iran nicht mehr singen und tanzen. Auch die jüngere Generation will das nicht hinnehmen. Deshalb ist die Musikerin und schrille Performerin Dornika Kazerani nach Berlin ausgewandert. "Was ich tun wollte: tanzen, Musik, singen. Dinge, die ich im Iran nicht wirklich tun konnte“, erzählt sie. Denn der Körper gehört im Iran nicht den Frauen selbst: "Unser Kampf gegen Diktatur ist der Kampf für die Freiheit des Körpers, aller Körper.“

Die erste weibliche Revolution in der Geschichte - ist sie möglich? Antworten darauf sucht die Dokumentation bei Künstlerinnen in ganz Europa. Es sind Frauen, deren Stimmen sich nur im Exil entfalten konnten - im Iran würde ihnen für ihre Arbeit Inhaftierung und Tod drohen. Der Unterdrückung des Mullah-Regimes in ihrem Heimatland setzen sie im Exil die Vielfalt entgegen, geben den Menschen im Iran eine Stimme. Sie sind laut für die, die es selbst nicht mehr sein können. Denn wer in diesen Tagen das Regime kritisiert, dem droht im Iran Folter, Knast, sogar die Todesstrafe

Die Autorin der Kulturdoku Theresa Breuer, 36, arbeitet seit 2012 als Journalistin und Filmemacherin im Nahen Osten und Zentralasien. Ihre Arbeit fokussiert sich auf das Leben von Frauen in der Region. Im Iran fuhr sie mit jungen Iranerinnen mehrere Wochen per Anhalter durchs Land und hat eine Generation zwischen Sehnsucht und Aufbruchstimmung erlebt. In Teheran hat sie die aufstrebende Kunstszene porträtiert, die in Untergrund-Galerien die Toleranz der Sittenwächter auf die Probe gestellt haben. In Afghanistan hat Theresa Breuer zwei Jahre lang die ersten afghanischen Bergsteigerinnen begleitet bei ihrem Ziel, den höchsten Berg Afghanistans zu besteigen. Als die Taliban Afghanistan eingenommen haben, waren sie die ersten Frauen, denen Theresa Breuer bei der Flucht helfen wollte. Daraus ist die Initiative Kabul Luftbrücke entstanden, die seitdem 3000 Menschen nach Deutschland evakuiert hat.

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