Kultur
Mythos Suhrkamp (2/2)
In idealer Weise bot der Suhrkamp Verlag eine kommunikative analoge Plattform auf der Autoren, Theoretiker, Literaten, Stückeschreiber, Lyriker, Wissenschaftler und Publizisten mit den Lesern in Dialog getreten sind.
- Produktionsland und -jahr:
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Deutschland 2019
- Datum:
Suhrkamp prägt die gesellschaftspolitische Diskussion lange
Diese intellektuelle Wucht bildet naturgemäß die Entwicklung der deutschen Nachkriegskultur spiegelbildlich ab; mehr noch: der Verlag prägte diese in seinen besten Zeiten argumentativ und meinungsbildend.
Die Verlagsgeschichte ist durchwoben mit Legenden und Diskursen, die Aufsehen erregten und/oder gesellschaftliche Umbrüche versinnbildlichten: da gibt es zum Beispiel den sogenannten "Lektorenaufstand" von 1968 in dem –ganz Zeitgeist– vom Patriarchen Unseld die Vergesellschaftung des Verlages gefordert wurde; die Einladung des Bundeskanzlers Helmut Schmidt an Siegfried Unseld und Max Frisch zum Meinungsaustausch auf dem zeitlichen Höhepunkt des "deutschen Herbstes" von 1978; zu nennen ist der auf publizistischer Ebene ausgefochtene Historikerstreit zwischen Nolte und Habermas, die prophetische und gleichwohl umstrittene Hinterfragung der deutschen Teilung durch Martin Walser in den 80er Jahren, sowie dessen öffentliche Selbstbefragung zu "Auschwitz" in seiner Paulskirchenrede 1998, die in seiner Umstrittenheit wiederum verdeutlichte, dass sich der Ungeheuerlichkeit des Holocausts immer wieder neu zu stellen ist.
Suhrkamp Verlag war eine analoge Plattform
In idealer Weise bot der Suhrkamp Verlag eine kommunikative analoge Plattform auf der Autoren, Theoretiker, Literaten, Stückeschreiber, Lyriker, Wissenschaftler und Publizisten mit den Lesern in Dialog getreten sind. Dieses Zwiegespräch ebbt mit dem Schwinden der Funktion des Intellektuellen in der Gesellschaft ab; die öffentlichen tiefgreifenden intellektuellen Diskurse bleiben zunehmend aus. Kurzatmiges Twittern ist angesagt. Interessanterweise wird dieser Prozess relativ zeitnah mit dem Tod von Siegfried Unseld 2002 zunehmend spürbar.
Auf alle Fälle bleibt der "Mythos Suhrkamp". Um ihn neu zu entdecken kuratiert die zweiteilige Dokumentation Reflektionen, Stimmen und Geschichten von ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten, die aus verschiedensten Perspektiven etwas zu Suhrkamp zu sagen haben: Es sind die Autoren Angela Krauß, Hans Magnus Enzensberger, Martin Walser, Ralf Rothmann, Peter Bichsel, Volker Braun und Durs Grünbein; die Lektoren Rudolf Rach, Karlheinz Braun und Thorsten Ahrend, sowie die Literaturwissenschaftler Thedel von Wallmoden, Jan Bürger und Jörg Magenau. Komplettiert wird diese filmische Suche nach dem "Mythos Suhrkamp" durch mancherlei Fernseh-Archivschätze aus vier Jahrzehnten.
Mythos Suhrkamp (1/2)
Schriftsteller vor allem des Suhrkamp-Verlages begleiten seit der Verlagsgründung 1950 die Geschicke beider deutscher Republiken mit Kommentaren, Fragen und Diskursen. Verlagsgeschichte und ...