Kultur
Faszination Oldtimer - Leidenschaft zwischen Rost und Chrom
Sie fressen Unmengen Benzin, bieten wenig Komfort und noch weniger Fahrhilfen - man denke an Parkpilot oder Tempomat - und dennoch kann sich kaum jemand ihrem Zauber entziehen!
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Was fasziniert Millionen Menschen in aller Welt an Fahrzeugen, die längst veraltet sind und die ohne aufwändige Restaurierungen ein unansehnlicher Rosthaufen wären? Ronald und Roswitha Vaughan sind dieser Faszination für 3sat auf den Grund gegangen!
Quelle: ORF/Vaughan Video Production
"Es ist wie in einer Zeitmaschine, es ist einfach wundervoll - poetisch!" schwärmt Patrick Dempsey, Stargast der diesjährigen Ennstal-Classic, über das Fahren im Oldtimer. Der Serienheld aus "Grey’s Anatomy" fährt im Juli 2015 im legendären Porsche 550 bei diesem Wettbewerb mit, der seit 1993 Oldtimer-Fans aus ganz Europa anzieht. Während des 3-tägigen Events legen die Oldtimer rund 900 Kilometer quer durch die Steiermark, Salzburg, Oberösterreich und Kärnten zurück.
Quelle: ORF/Vaughan Video Production
"Es ist eine Kulturpflege, nach deren Sinn man nicht fragen darf. Sicher gibt es wichtigere Dinge. Aber alles, was mit Kultur zusammen hängt, kann man in Frage stellen", bringt es Heinz Clostermeyer von der Österreichischen Gesellschaft für historisches Kraftfahrwesen auf den Punkt. Das Auto als Kulturgut, als Status-Symbol, als Lifestyle-Accessoire oder als Kunstwerk - bloß um von A nach B zu kommen, braucht man wirklich keine Ikonen der 1960er wie den klassischen Ford Mustang, die göttliche Citroen DS oder den unvergleichlichen Jaguar E–Type. Und dennoch lassen auch die weniger extravaganten Vertreter der Gattung Oldtimer wie etwa der Puch 500 oder der VW-Käfer die Herzen der meisten Menschen höher schlagen: sei es als wehmütige Kindheits- und Jugenderinnerung oder aus nostalgischer Sehnsucht nach unverwechselbarem Design.
Quelle: ORF/Vaughan Video Production
In Deutschland, Österreich und der Schweiz gelten unterschiedliche Regelungen für die Klassifizierung "Historischer Fahrzeuge" - ab einem Alter von 30 Jahren darf jedenfalls von einem Oldtimer gesprochen werden. Sogar die ersten Modelle des ab 1974 produzierten VW- Golf zählen also schon zu den Oldtimern. Der Erfolg des Modells ist ungebrochen, bis 2013 wurden mehr als 30 Millionen Exemplare weltweit verkauft. Ernst Fiala, Automobilkonstrukteur und einer der "Väter" des VW Golf, über die Entwicklung der Auto-Industrie: "Vor 50 Jahren wurden in Österreich in etwa so viele Auto-Typen angeboten wie heute, nur dass es heute wesentlich weniger Firmen gibt. Ein Teil der Firmen ist auf der Strecke geblieben, die Produktionszahl pro Firma ist ungeheuer angestiegen und damit auch die Qualität. Denn nur, wenn ein Auto in großer Stückzahl gebaut wird, kann man auch alle Details in Ordnung bringen."
Quelle: ORF/Vaughan Video Production
"Alles in Ordnung" ist selten bei einem Oldtimer und die meisten Liebhaber haben mit Perfektion und ultimativem Komfort sowieso nichts am Hut. Liebevoll wird da der rostige Garagenfund restauriert und aufpoliert, in unzähligen Arbeitsstunden wieder fahrbereit gemacht und mit der eigenen Hände Arbeit für die Nachwelt erhalten. "10 Jahre, fast jedes Wochenende" hat Lisl Mesicek, eine der wenigen Frauen unter den Oldtimer-Sammlern und stolze Besitzerin eines Steyr "Waffenautos" aus den 1920ern, investiert. "Viele Teile sind selbst gebaut, weil es einfach nichts mehr gibt. So ist das Auto dann wieder erstanden", setzt sie nach.
Für weniger Bastelambitionierte und auch für kleinere Brieftaschen bietet das Internet ungeahnte Möglichkeiten. Wer lange genug sucht, findet irgendwo sein Traumauto. Oder man versucht sein Glück auf der Oldtimer-Messe in Tulln. Was als Markt für Ersatzteile begonnen hat, lockt heute rund 30.000 Besucher an, die das Angebot von 750 Ausstellern und 90 Clubs bewundern können.
Der Industrielle Rudolf Koller hat sich am Heldenberg in Niederösterreich - gleich neben der Radetzky-Gedenkstätte und dem Lipizzaner-Sommerquartier - eine Art Oldtimer-Denkmal errichtet. Seine Sammlung von 150 exquisiten Fahrzeugen ist heute ein Museum, in dem der Besucher die Autos auch anfassen darf.
Den besten Einblick in die Welt der Oldtimer vermittelt der Besuch einer Rallye, wie jener rund um den Bodensee. Geschicklichkeit beim Zeitfahren steht hier im Vordergrund. "Finanztechnisch gesehen, ist ein Oldtimer heute die beste Anlage", verrät einer der Teilnehmer. "Auf der Bank bekommt man keine Zinsen und wenn man einen Oldtimer fährt, hat man sogar noch Spaß dabei!"