Kultur
Das weiße Ballett - Die spanische Hofreitschule
Einst geliebtes Prestigeobjekt und Amüsement der österreichischen Kaiser und über Jahrhunderte dem Hochadel vorbehalten, haben die Lipizzaner und die Spanische Hofreitschule etwas geschafft, was den Habsburgern verwehrt blieb: den erfolgreichen Fortbestand bis zum heutigen Tag.
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Was aber macht die Faszination und den Mythos der dressierten weißen Hengste aus, dass sie mittlerweile zum Selbstbildnis und Verständnis der Österreicher gehören, wie Stephansdom, Walzer, Mozarts Musik und Sachertorte?
Die Dokumentation begibt sich auf Spurensuche ins Bundesgestüt Piber, zur neuen Ausbildungsstätte am Niederösterreichischen Heldenberg und in die historischen Stallungen der Hofburg in Wien.
Quelle: ORF/Marx Media.
2015 wurde die "Die hohe Schule der klassischen Reitkunst", wie sie seit mehr als 450 Jahren in der Spanischen Hofreitschule gelehrt und von Generation zu Generation weitergegeben wird, in die UNESCO-Liste der immateriellen Kulturgüter der Welt aufgenommen - eine Kommission befand das, was die Spanische Hofreitschule ausmacht, nämlich das Gesamtensemble aus Pferden und Stallungen, als würdig, Weltkulturerbe genannt zu werden.
Einst geliebtes Prestigeobjekt und Amüsement der österreichischen Kaiser und über Jahrhunderte dem Hochadel vorbehalten, haben die Lipizzaner und die Spanische Hofreitschule etwas geschafft, was den Habsburgern verwehrt blieb: Den erfolgreichen Fortbestand bis zum heutigen Tag.
Doch weltweit gibt es nur mehr knapp 3800 Exemplare dieser gutmütigen, klugen und faszinierenden Pferde.
Quelle: ORF/Marx Media.
Was aber macht die Faszination und den Mythos der dressierten weißen Hengste aus, dass sie mittlerweile zum Selbstbildnis und Verständnis der Österreicher gehören, wie Stephansdom, Walzer, Mozarts Musik und Sachertorte?
Die Dokumentation begibt sich auf Spurensuche ins Bundesgestüt Piber in der Steiermark, wo die Lipizzaner seit 1920 gezüchtet werden, zur neuen, hochmodernen Ausbildungsstätte am niederösterreichischem Heldenberg und natürlich in die historischen Stallungen der Hofburg in Wien, wo sich die wahrscheinlich schönste Reithalle der Welt befindet.
Die älteste ist sie auf alle Fälle: Bereits 1732 eröffnet, wird in der barocken Winterreitschule immer noch täglich trainiert und finden an die 50 Vorstellungen pro Jahr statt. Und auch heute noch kann man jeden Morgen die Pferde beobachten, wenn sie aus ihren Stallungen geführt werden und die Reitschulgasse überqueren, um in die Trainingshalle zu gelangen.
Quelle: ORF
Doch die wahre Faszination der alterwürdigen Einrichtung sind ihre zwei- und vierbeinigen Akteure und deren enge Verbundenheit, das Miteinander von Mensch und Tier.
So dauert die Ausbildung vom Eleven bis zum Bereiter an die zehn Jahre und ist erst abgeschlossen, wenn ein Junghengst bis zur Aufführungsreife eigenständig ausgebildet wurde. Mit der Männerdomäne ist es übrigens vorbei: Seit 2008 werden auch weibliche Eleven aufgenommen und ausgebildet.
A Star is born
Quelle: ORF
In einer kalten Jännernacht 2011 kam in der Steiermark ein mausgraues Hengstfohlen zur Welt. Es macht seine ersten Schritte, trinkt täglich an die 20 Liter Stutenmilch, lernt Menschen und andere Fohlen kennen und verbringt in der Herde wunderschöne Sommer auf der Hochalm, um kräftig und trittsicher zu werden.
Doch da ist ein Unterschied zu anderen, "normalen" Pferden, denn mit dreieinhalb Jahren wird sich herausstellen, ob der junge Hengst geeignet ist eine 430 Jahre alte Tradition fortzusetzen. Es wird sich zeigen, ob er nach Wien übersiedelt, um nach weiteren sechs Jahren Ausbildung ein Weltstar zu werden: Lipizzaner der Spanischen Hofreitschule.
Vom Prestigeobjekt zum modernen Wirtschaftsbetrieb
Ob es die Ausführungen von Gestütsleiter Dr. Dobretsberger sind, der für die Zucht und Erhaltung der Lipizzaner als letzte barocke Kulturpferderasse verantwortlich ist oder die mehr als 50 Jahre Berufserfahrung, die aus dem früheren Direktor der Reitschule und damit Obersten Bereiter Ernst Bachinger sprechen, es wird klar, hier sind Menschen am Werk, die ihren Beruf mit Leidenschaft und Engagement erleben.
Aber auch die Mitarbeiter in Piber haben eine Menge zu erzählen. Sind sie dafür verantwortlich, den Fohlen die Scheu vor den Menschen zu nehmen und damit die Basis für die spätere Ausbildung zu legen: Denn ohne Vertrauen, genügend Zeit und gleichberechtigte Partnerschaft geht gar nichts.
Spannend ist auch die bewegte Geschichte der Reitschule. Aufgrund der mehrmaligen Evakuierung des Gestüts in Lipica vor Napoleons Truppen, des Zusammenbruchs der Donaumonarchie oder der Flucht vor der Roten Armee war der Fortbestand der Hofreitschule mehr als einmal in großer Gefahr.
Ein Betrieb mit 120 Mitarbeitern und an die 300 Pferden ist natürlich auch eine wirtschaftliche und logistische Herausforderung. Einst Prestigeobjekt des österreichischen Kaiserhauses, später hochdefizitärer Staatsbetrieb, werden das Bundesgestüt Piber und die Spanische Hofreitschule heute in einer eigenen Gesellschaft geführt. Von 2007 bis 2018 hat das Marketing und die Repräsentation nach außen ein PR-Profi übernommen. Dkfm. Elisabeth Gürtler hat jahrelang den Wiener Opernball organisiert und ist erfolgreiche Chefin des Hotel Sacher. Weniger bekannt ist aber ihr großes Wissen über Pferde: Elisabeth Gürtler war einmal Vizestaatsmeisterin im Dressurreiten. Mit Anfang 2019 übergab sie die Geschäftsführung der Spanischen Hofreitschule an Sonja Klima.
Ein Film von Peter Hackl.