Kultur

Druckfrisch - Neue Bücher mit Denis Scheck

In dieser Ausgabe von "Druckfrisch" stellt Denis Scheck "Die Nächte der Pest" von Orhan Pamuk und "Reise mit Clara durch Deutschland" von Fernando Aramburu vor. Außerdem in "Druckfrisch": Musik des südafrikanischen Pianisten Abdullah Ibrahim und Denis Schecks erfrischend pointierte Revue der "Spiegel"-Bestsellerliste, diesmal Sachbuch.

Produktionsland und -jahr:
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 17.09.2023

Denis Scheck hat eine persönliche Buchempfehlung: "Dark Rome" von Michael Sommer.

Quarantäne, Reiseverbote und unbelehrbare Seuchen-Leugner: Es ist alles schon da gewesen. Nur viel früher. Der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk erzählt in seinem Historienroman "Die Nächte der Pest" von der Pest Anfang des 20. Jahrhunderts auf einer Insel im osmanischen Reich.

Im Jahr 1901 bricht auf der Mittelmeerinsel Minger die Pest aus. Ein Quarantäne-Arzt und Abgesandter des Sultans soll die Lage in den Griff bekommen. Doch er trifft auf Ablehnung, Nationalismus und Aberglaube. Die einen leugnen die Gefahr der Seuche, die anderen suchen Schuldige. Der tödliche Erreger droht die osmanische Insel, auf der orthodoxe Griechen und muslimische Türken zusammenleben, noch stärker zu spalten. Und die Schiffe des Sultans wie auch die der westlichen Mächte errichten eine Seeblockade.

Unter dem Druck von innen wie von außen wandelt sich das Leben auf Minger immer mehr in ein autokratisches Regime. Das weist derart viele Parallelen zur heutigen Türkei auf, dass sich Orhan Pamuk mit der Veröffentlichung der türkischen Ausgabe seines Romans bereits eine Klage wegen "Beleidigung Atatürks und der türkischen Fahne" einhandelte. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Denis Scheck hat den Schriftsteller in Istanbul getroffen. Aus dem Türkischen übersetzt wurde der Roman von Gerhard Meier.

"Reise mit Clara durch Deutschland" ist, wie Fernando Aramburu sagt, sein "glücklichstes Buch". Ein autofiktionaler Roman über eine lange Autoreise mit seiner Frau Clara durch Deutschland. Ein Buch, das erzählt, wie es ist, wenn ein Spanier auf die graue deutsche Provinz trifft.

Pinkelt ein anarchistischer Spanier auf den Kreidefelsen von Rügen: Von dieser Ungeheuerlichkeit ist gerade viel zu lesen in den Rezensionen, die zu Fernando Aramburus "Reise mit Clara durch Deutschland" erschienen sind. Das deutsche Nationalheiligtum - besudelt von einem erfolglosen, zu Sarkasmus neigenden Schriftsteller, der seine Ehefrau für eine Recherchereise durch die norddeutsche Tiefebene begleitet. Die soll einen Reiseführer über Deutschland schreiben. Am Ende scheitert das Projekt, doch heraus kommt ein früher Roman des baskischen Autors Fernando Aramburu.

Auf Spanisch erschien das Buch bereits im Jahr 2010. Nachdem Aramburu mit seinem Roman "Patria" auch in Deutschland eine Fangemeinde aufgebaut hat, liefert der Verlag nun bisher Unübersetztes nach. Für "Druckfrisch" traf Denis Scheck den Autor in seiner Wahlheimat Hannover. Übersetzung des Romans: Willi Zurbrüggen.

Denis Schecks Empfehlung "Dark Rome" von Michael Sommer ist ein Sachbuch, das auf die dunkle Seite des Römischen Reiches führt. Michael Sommer erzählt eine Sittengeschichte des Imperiums. Anekdotenreich, faktensatt und voller historischer Rätsel. Denis Scheck meint: "Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Was der deutsche Althistoriker Michael Sommer in seinem äußerst kurzweiligen Buch 'Dark Rome' über das geheime Leben der Römer daraus zutage fördert, liest sich faszinierend. War Marc Aurel opiumsüchtig? Wie viele Kaiser starben eines natürlichen Todes, wie viele wurden vergiftet, erschlagen oder von Usurpatoren vom Purpur entkleidet? Und warum zwang Kaiser Augustus Römern und vor allem Römerinnen eine neue Prüderie auf und schritt per Gesetz gegen die legere Sexualmoral am Ende der Republik ein, die Ovid in den unsterblichen Vers fasste: 'mille ioci Veneris', 'tausend Spiele kennt die Liebesgöttin Venus'?"

Michael Sommer erzählt klug und differenziert von Kaisern und Aufständischen, von Bettgeschichten, Geheimschriften und Wunderwaffen, aber auch von Hochstaplern, Attentätern, Giftmischerinnen - und von dem nicht genug zu beklagenden Verlust durch Büchervernichtungen im 5. und 6. Jahrhundert. "Wir kennen rund 2000 griechische Autoren mit Namen", so Sommer. Nur von 253 haben sich überhaupt Texte erhalten. Bei den lateinischen Autoren liegt das Verhältnis bei 772 zu 144. "Und dennoch ist in dem wenigen, was überlebt hat, noch unendlich viel zu entdecken."

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