Zwei Frauen rangeln auf einer Decke

Gesellschaft

Sex, Porno und die Freiheit der anderen - Was von der sexuellen Revolution blieb

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Liebe, Sex und Partnerschaft von vielen Tabus befreit. Doch dann gewann der Kommerz oft die Oberhand. Heute suchen wir nach Orientierung.

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Die sexuelle Revolution hat Liebe und Sex von manchen Tabus befreit und den Frauen erstmals ein Recht auf Eigenständigkeit gebracht. Doch die damals angestrebte Befreiung von allen gesellschaftlichen und moralischen Fesseln blieb Utopie. Heute herrschen Kommerzialisierung, Suche nach Identität und neue Prüderie.

Sex-Assecoires auf Kleiderbügeln und im Regal
Grundausstattung im Erotik-Geschäft
Quelle: ORF/Langbein & Partner.

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte eine Sexualmoral, die geprägt war von Tabus und Drohbotschaften: Wer sich selbst befriedigte, riskierte Rückenmark-Schwund oder abfaulende Hände. Der weibliche Organismus fand so gut wie kaum Beachtung. Mitunter wurde er sogar als „schädlich“ betrachtet.

Klar getrennte Geschlechterrollen und romantisierte Häuslichkeit waren die vorherrschende Lebensform. Homosexualität war pathologisiert und kriminalisiert. Und auch wenn die ersten Pin-Ups der Amerikanischen GIs die Phantasie der Männer auf ein ungeahntes Niveau beförderte: Die Sexualität war - zumindest an der Oberfläche - unfrei.

Zwei Frauen und ein Mann am Kaffeetisch im Garten schauen Fotos
Familie Schwertsik erinnert sich an die sexuelle Revolution.
Quelle: ORF/Langbein & Partner.

Eine Ära, die Christa Schwertsik noch in lebhafter Erinnerung hat. Die im Krieg geborene österreichische Schauspielerin trifft ihre Enkelin Fanny Altenburger, um über die Lust von damals und den Sex von heute zu sprechen. Dass die 22-jährige Enkelin Beziehungen mit beiderlei Geschlecht pflegt, scheint die Großmutter kaum zu überraschen: „Ich glaube, dass es Beziehungen der verschiedensten Art immer schon gegeben hat. Du kannst nur jetzt das offener zeigen oder offener leben in dieser oder jener Konstellation. Aber ich glaube nicht, dass die Menschen sich geändert haben.“

Heute scheinen die Moralvorstellungen der 1960er wie ein Schatten aus einer dunklen Epoche. Der Aufbruch in der „Sexuellen Revolution“ hat Ent-Tabuisierung, aber auch Kommerzialisierung gebracht.

Heute haben vor allem Jugendliche andere Probleme und Fragestellungen in Bezug auf ihre Sexualität. Welches Geschlecht habe ich? Welche Sexualpartner*innen präferiere ich und wenn ja, wie viele? Wie entziehe ich mich der ständigen Präsenz der Pornographie? Sind nun alle Tabus gefallen?

Zwei Frauen sitzen auf einer Wiese und singen.
Virginia Ernst mit ihrer Frau Dora
Quelle: ORF/Langbein & Partner.

Für den renommierten Wiener Sexualwissenschaftler Johannes Wahala ist die Zeit einer von oben gelehrten Moral längst vorbei. Stattdessen sei es notwendig geworden, individuell die Grenzen von Richtig und Falsch festzulegen: „Genau darin besteht die Herausforderung des neo-sexuellen Zeitalters. Die Verhandlungs-Moral oder Konsens-Moral ist das zu erstrebende Ideal. Das setzt voraus, dass wirklich zwei oder mehrere gleichwertige Partner und Partnerinnen, sich auch wirklich auseinandersetzen und miteinander zu einem Konsens kommen. Davon sind wir noch weit entfernt. Die sexuelle Liberalisierung hat eines gebracht, dass sie nämlich Sexualität geschlechtergerechter machen wollte und nicht nur zu Beute des Mannes oder zu seiner Triebbefriedigung dient.“

Nacktes Paar mit Augenmasken umgeben von Kameraleuten.
Adrineh Simonian beim Erotikfilmdreh in ihrem Wiener Atelier
Quelle: ORF/Langbein & Partner.

Das Kultivieren einer offen ausgesprochen Konsensmoral hat sich auf der Wiener Verein „Die Schwelle“ zum Ziel gesetzt. Seit 2013 besteht hier ein sexpositiver Raum, in dem nicht nur Party gefeiert wird. Es sind vor allem die Workshops, die das Publikum anlocken. Beim sognannten „Play-Fight“ (Bild ganz oben) wird das Ja- und Nein-Sagen geübt.

Solche Angebote standen Ute und Johann Giffey nicht zu Verfügung, als sie sich in den 1980er Jahren ineinander verliebten. Die beiden Sexualtherapeuten leiten seit über 25 Jahren eine gemeinsame Praxis in Linz. Kaum etwas, was sich in Schlafzimmern der Menschen abspielt oder eben nicht abspielt, ist den beiden fremd. Sie sehen große Fortschritte, die seit der so genannten sexuellen Revolution gemacht wurden. In Hinblick auf ihre eigene Jugend bemerken aber auch sie zunehmen, dass sich so etwas wie eine neue Prüderie in die Gesellschaft einschleicht.

Ein Film von Florian Kröppel und Kurt Langbein.

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