Gesellschaft
Schicksal
Man muss nicht unbedingt an Gott glauben, um an Schicksal zu glauben. An besonderen Lebenwenden – wie Krankheit, Tod oder Trennung – stellen sich Menschen oft die Frage, ob das ihr Schicksal sei.
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Wie verhält sich der Glaube an ein unveränderliches Schicksal zu Freiheit und Verantwortung? Wann macht es Sinn, sein Schicksal zu akzeptieren, wann dagegen anzukämpfen? Und wann wird der Glaube an ein Schicksal lebenshinderlich, wann befreiend?
Auch wenn die Quantenphysik die Existenz des reinen Zufalls längst bewiesen hat, hält der Mensch doch gerne an der Vorstellung fest, dass das Leben mehr ist als Zufall, so Prof. Prügl von der Uni Wien: "Das Leben braucht das Schicksal. Das Schicksal ist die Summe der Dinge, die sich unvorhergesehen mir darbieten. Aber das Leben ist das, was ich aus dem Schicksal mache."
Einer der Protagonisten des Films "Schicksal" ist Benedikt von Ulm-Erbach. Er ist seit einem schweren Snowboardunfall im Jahr 2010 querschnittgelähmt. Der Journalist Lars Langenau von der "Süddeutschen Zeitung" hat seine Geschichte in einem Buch mit dem Titel "ÜberLeben" aufgezeichnet: "Wenn ich Leuten erzähle, was Überlebenswille bedeuten kann, dann ist Benedikt der Mensch, der mich am meisten fasziniert hat. Sein Satz, dass er ja noch Glück gehabt habe, weil er seinen Zeigefinger bewegen kann, hat sich tief bei mir eigebrannt." Gemeinsam mit Lars Langenau besucht Benedikt von Ulm-Erbach im Rahmen des Filmes mit Serfaus in Tirol erstmals jenen Ort, an dem sich sein Schicksal gewendet hat. Benedikt fährt dabei selbst mit dem Auto: "Mein Ziel war von Anfang an, so selbstständig wie möglich zu werden, und die Verantwortung dafür habe ich ganz klar bei mir gesucht. Und nicht bei jemand anderem."
Quelle: ORF/Metafilm
Oberflächlich betrachtet scheint es, als habe das Schicksal als lebensbestimmende Macht an Stellenwert verloren. Immer mehr von dem, was früher schicksalshaft erschien, hat der Mensch unter seine Kontrolle gebracht: Er heilt einst tödliche Krankheiten, bezwingt Naturgewalten und forscht gar an der Überwindung des Todes selbst. Und doch bleibt vieles unserem Zugriff entzogen, bestätigt der Kirchenhistoriker Thomas Prügl von der Uni Wien. "Was immer einem Menschen passiert, wird er sich fragen: Woher kommt das? Wenn mir etwas passiert, das ich als schicksalshaft wahrnehme, glaube ich erstmal, dass das irgendwo einen Grund haben muss. Es muss eine Ursache für alles geben. Weil es den Zufall so nicht geben kann."
Quelle: ORF/Metafilm
Und so beleuchtet der Film unterschiedliche Schicksalsvorstellungen: Von der Idee eines unabwendbaren Schicksals, wie es König Ödipus erfährt, über die Vorstellung, dass Schicksal eine Prüfung oder gar Strafe Gottes sei, bis hin zum allgegenwärtigen "Inshalla - So Gott will" im islamischen Kulturkreis. Zentral sei dabei die Frage, wie Leid erklärt wird, denn - so die Theologin Monika Prettenthaler - "ein allwissender Gott, ein liebender Gott, ein allmächtiger Gott geht mit dem Leid in der Welt nicht zusammen".
Die Frage nach dem Sinn des eigenen Schicksals stellt sich auch Benedikt von Ulm-Erbach: "Ich sage sicher nicht im Nachhinein, dass ich froh bin, dass mir meine Querschnittlähmung passiert ist. Aber es sind auf jeden Fall viele Dinge geschehen, die höchstwahrscheinlich ohne den Unfall nicht passiert wären." Tatsächlich ist aus einer Unterstützungsaktion seiner Freunde eines der größten Benefizfußballturniere Österreichs entstanden, mit dem heute vor allem Rollstuhlsportler/innen unterstützt werden. Auch wenn die Quantenphysik die Existenz des reinen Zufalls längst bewiesen hat, hält der Mensch doch gerne an der Vorstellung fest, dass das Leben mehr ist als Zufall, so Prof. Prügl: "Das Leben braucht das Schicksal. Das Schicksal ist die Summe der Dinge, die sich unvorhergesehen mir darbieten. Aber das Leben ist das, was ich aus dem Schicksal mache."
Dokumentation von Fritz Kalteis.