Gesellschaft
Im Espresso
Die Wiener Espressi entstanden in den 1960er Jahren - meist düstere, neonlichtige, schmucklos eingerichtete Kaffee-Bars, die bis weit in die Nacht geöffnet haben.
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Getrunken wird viel - doch selten jenes Getränk, das den Lokalen den Namen schenkt, und der Durst beginnt bereits in der Früh, wenn die ersten Gäste kommen. Elizabeth T. Spira (verstorben 2019) porträtiert gemeinsam mit Kameramann Peter Kasperak Stammgäste "Im Espresso" in Wien.
Die "Alltagsgeschichte" von Elizabeth T. Spira erzählt von Menschen, die Stammgäste in Kaffee-Bars, den "Espressi", sind. Gemeinsam mit Kameramann Peter Kasperak porträtiert die für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnete ORF-Journalistin Wiener Espresso-Besucher, für die das Espresso nicht nur Bewirtungsstätte, sondern auch ein Platz für gesellschaftliche Kontakte, politische Diskussionen und für manche sogar einziger Zufluchtsort vor dem schonungslosen Alltag ist.
Quelle: ORF/Cosmos Factory/Peter Kasperak.
Zum Beispiel der Pensionist Karl, der seit 27 Jahren jeden Vormittag in sein Espresso im 2. Bezirk kommt, um - ohne Ehefrau - einen Spritzer und ein Achterl zu trinken. Seine "kleine Freiheit" nennt der Rentner diesen Lokalbesuch.
Im Gemeindebau-Espresso "Susi" in Wien-Brigittenau treffen einander vier Witwen zum täglichen Tratsch. Herr Lobo de Forestero, alias Peter Jürgen, träumt indessen im Café Liliom in Wien-Leopoldstadt davon, als Wikinger im Jenseits Kriege zu führen.
Zur gleichen Zeit spielt sich im Espresso "Camilla" in Wien-Ottakring ein Liebesdrama zwischen Hilde und Hans ab, kommentiert von der 91-jährigen Fabriksarbeiterin Rosi. Am frühen Abend - nach einigen Vierteln - äußern sich Schreihälse alkoholschrill über Politik.
Quelle: ORF/Cosmos Factory/Peter Kasperak
Zum Beispiel im Espresso "Vida" in Hütteldorf, wo Fredl so seinem Unmut über seinen Distrikt Luft macht. Spät in der Nacht, bleiben die einsamen Seelen und Verzweifelten, die Verlorenen und Vergessenen über.
Im Espresso "Soosser" am Wiener Gürtel erzählen die Prostituierten Elisabeth und Sabine über die Schwierigkeit des Ausstiegs aus ihrem Beruf. Währenddessen trauert Herr Franz im Espresso "Piccolo" in Wien-Erdberg um seine Frau, die ihn nach 39 Jahren Ehe verlassen hat. Er will die Hoffnung nicht aufgeben, dass sie zurückkehrt.