Gesellschaft
Heldenplatz - Heldenbilder
Wie entstehen Heldenbilder, wie haben sie sich in ihrer Wirkung und Definition im Laufe der Jahrhunderte verändert und welche Rolle spielen Frauen in der überwiegend männlich definierten "heldischen Gedenkkultur"?
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In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist ein starker Wandel der Heldenbilder zu bemerken, der sich weitgehend durch mediale Reproduktion vollzieht, gleich ob in Kunst oder vor allem im Sport. Und Helden, die siegen, führen uns gleichzeitig aber auch in die Welt der Besiegten.
Veränderung des Heldenbegriffs
In Sagen besungen, in Öl gemalt, in Bronze gegossen - Helden waren männlich, mutig, siegreich, bis weit hinein ins 20. Jahrhundert mit Weltkriegen und Helden-Denkmälern. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wandelt sich das "Heldenbild" - zu den Helden treten die Heldinnen; zur Verehrung der Sieger kommt die Achtung für die Opfer; und die Mediengesellschaft schafft sich neue, unblutige Heldenbilder - in der Kunst und vor allem im Sport. Robert Gokl analysiert am Beispiel des Heldenplatzes in Wien die Veränderung des Heldenbegriffs und der Helden-Gedenkkultur - von den Denkmälern für Erzherzog Karl und Prinz Eugen über das Mahnmal für den unbekannten Soldaten bis zum "Fest der Freude" am 8. Mai.
Junge Männer wollten Helden werden
Quelle: ORF
"Am Heldenplatz haben sie geglaubt, jetzt kommt das Paradies. In Wirklichkeit sind sie in die Hölle marschiert." Heinz Kienzl erlebte die Begeisterung des 15. März 1938 - und er erlebte, wie Väter und Lehrer, die selbst im Ersten Weltkrieg waren, junge Männer dazu aufriefen, "Helden" zu werden. Heinz Kienzl, Sohn einer jüdischen Mutter, erlebte mit, wie sich der Großteil seiner Maturaklasse freiwillig zur Wehrmacht meldete. Unter ihnen war Dietrich Ascher: "Ich wollte das Ritterkreuz bekommen!" Richard Wadani verweigerte sich diesem befohlenen "Heldentum" und war mutig genug, zu desertieren. Die elfjährige Lucia Heilman wurde gemeinsam mit ihrer Mutter Regina vier Jahre lang vom Kunstschmied Reinhold Duschka versteckt - unter Lebensgefahr. Maria Caesar war Widerstandskämpferin in der Steiermark: "Wenn sie mich noch einmal verhaftet hätten, dann wäre das unweigerlich mein Tod gewesen."
Nach 1945 beginnt eine lange Auseinandersetzung um das "richtige" Heldentum im Zweiten Weltkrieg: Pflichterfüllung oder Widerstand. Am Heldenplatz verdeutlicht durch zwei getrennte Gedenkstätten im Heldentor: auf der rechten Seite die Krypta mit dem Grabmal für den unbekannten Soldaten, auf der linken Seite der Weiheraum für die Opfer des österreichischen Freiheitskampfes. Erst seit 2013 findet am 8. Mai das "Fest der Freude" am Heldenplatz statt. Willi Mernyi, Initiator dieses Festes: "Ich wünsche mir, dass der Heldenplatz für meine Kinder ein Ort der Begegnung ist, der Diskussion, der Weiterentwicklung unseres Landes!" Davor hatten jahrelang Burschenschaftler auf dem Heldenplatz der Niederlage und der gefallenen Wehrmachtssoldaten gedacht. Andreas Mölzer, der dabei 2006 eine Rede hielt, im Interview für den Film: "Heute glaube ich, dass wir 80 Jahre nach 1938 ein gemeinsames österreichisches Geschichtsbild haben könnten: Wir betrauern die Opfer dieses Krieges und wir freuen uns gemeinsam über die Freiheit, das Verschwinden der totalitären Diktatur und über das Ende des Krieges!"
Eine Dokumentation von Robert Gokl