Ems-Chemie - dunkle Helfer nach dem Zweiten Weltkrieg_Das einzige Bild, dass Johann Giesen (l.) zusammen mit Werner Oswald zeigt

Gesellschaft

Ems-Chemie – Dunkle Helfer nach dem Zweiten Weltkrieg

Ende des Zweiten Weltkriegs engagierte die Ems-Chemie deutsche Chemiker mit nationalsozialistischer Vergangenheit. Unter anderem einen verurteilten Kriegsverbrecher.

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Eine zentrale Rolle spielte dabei Robert Grimm, ein prominenter Sozialdemokrat und Antifaschist. Christoph Blocher nimmt Stellung.

Es ist eine unglaubliche Geschichte: Ohne Nazi-Chemiker und Hilfe eines prominenten Sozialdemokraten hätte der grösste private Arbeitgeber des Kantons Graubünden wohl kaum überlebt. Heute ist die Ems-Chemie Holding AG ein international erfolgreiches Unternehmen mit über 2800 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von über zwei Milliarden CHF – geleitet von Magdalena Martullo-Blocher, Tochter des ehemaligen Bundesrats Christoph Blocher.

«SRF DOK»-Recherchen zeigen, dass die Rolle des Sozialdemokraten Robert Grimm entscheidend war. Grimm, im Zweiten Weltkrieg zuständig für die Treibstoffversorgung der Schweiz, wusste, dass die Schweizer Armee unter Benzinmangel litt. Werner Oswald, der Gründer der Ems-Chemie, damals Hovag genannt, hatte ein Verfahren mitentwickelt, dass ermöglichte, aus Abfallholz einen synthetischen Benzin-Ersatz zu produzieren. Der Sozialdemokrat Robert Grimm sorgte beim Bundesrat dafür, dass Oswald das Geld für den Bau des Holzverzuckerungs-Werks erhielt.

Ende des Zweiten Weltkriegs war der synthetische Benzin-Ersatz, das sogenannte Emser Wasser, nicht mehr gefragt. Benzin konnte wieder importiert werden. Die Schliessung drohte. Erneut half Robert Grimm: Er verfügte über enge Kontakte zu höchsten Kreisen des Dritten Reichs, weil er während des Krieges mit ihnen über Benzin-Importe verhandelte.

Zwei prominente SS-Mitglieder, die Grimm wegen diesen Import-Geschäften kannten, flüchteten 1945 in die sichere Schweiz – Grimm hielt seine schützende Hand über sie. Offenbar im Gegenzug vermittelten sie einen Wissenschaftler des Dritten Reichs: Johann Giesen. Er war bei der IG Farben zuständig für die Produktion von Perlon, ein ähnliches Produkt wie das amerikanische Nylon.

Mit Hilfe von Giesen produzierte Werner Oswald in den 50er-Jahren statt Benzinersatz neu Kunstfasern, genannt «Grilon». «GR» steht für Graubünden.

Giesen war ein Mann mit dunkler Vergangenheit. Neben dem Perlon-Werk leitete er auch das Methanolwerk im Industriekomplex Auschwitz-Monowitz. Gebaut von Zwangsarbeitern, die vergast wurden, wenn sie krank wurden. Überlebensdauer waren drei bis vier Monate.

«SRF DOK» fand im Bundesarchiv Bern Dokumente, die darauf hinweisen, dass Grimm über Giesens dunkle Vergangenheit informiert war.

Johann Giesens Vorgesetzter hiess Heinrich Bütefisch. Ihn verurteilten die Amerikaner wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, während Giesen nicht vor Gericht gestellt wurde.

Auch Heinrich Bütefisch tauchte auf der Lohnliste der Hovag auf. Die Unabhängige Expertenkommission UEK, die sogenannte Bergier-Kommission, entdeckte diese Fakten zwar schon in den 90er-Jahren. Doch die brisanten Zusammenhänge wurden kaum zur Kenntnis genommen. «SRF DOK» veröffentlicht exklusiv Notizen, die bis vor kurzem noch unter Verschluss waren. Sie belegen die Kontakte zwischen Werner Oswald und dem Kriegsverbrecher Heinrich Bütefisch.

Im Film nehmen sowohl die Sozialdemokratische Partei als auch Christoph Blocher zur Rolle von Robert Grimm, zu historischen Fakten und weiteren Recherchen von «SRF DOK» Stellung.

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