Gesellschaft
Beim Heurigen
In dieser 1995 entstandenen Folge der Reihe "Alltagsgeschichte" plaudert Elizabeth T. Spira mit Gästen einer sehr österreichischen Institution, dem Heurigen.
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Gemeinsam mit Kameramann Peter Kasperak besuchte sie kleine Buschenschenken, in denen man noch jene Weinbeißer findet, die nicht in der schrillen Heurigenstimmung und im noblen touristischen Ambiente, sondern bei Stille und gutem Wein ihr Glück finden.
Einer der Heurigenbesucher ist der Damenschneider Thomas Suchina. Täglich um 16.00 Uhr kehrt er bei seinem Heurigen in Jedlersdorf ein und sitzt immer am gleichen Platz - am Tisch vor dem Ofen in der Heurigenstube. Vier Mal verheiratet philosophiert er über die Liebe und das Leben. Pünktlich - nach zwei Vierteln und einem Achtel - ist die besinnliche Unterhaltung zu Ende.
Die 70-jährige Hausbesorgerin Gretl Kuba aus Floridsdorf hat ihren um 20 Jahre jüngeren Lebensgefährten beim Heurigen kennen gelernt. Ein Mal pro Woche feiert das Paar in Stammersdorf bei Wein und Gesang seine junge Liebe.
Gertrud Pogatetz trinkt nach dem Friedhofsbesuch gerne ein Achtel auf ihren längst verstorbenen Mann und ein paar Gespritzte auf das Leben. Dabei erinnert sie sich, dass sie als junges Mädchen davon träumte, auf ihrer Hochzeit Walzer zu tanzen. Doch ihr Bräutigam kam aus dem Krieg in einem Rollstuhl nach Hause.
Elizabeth T. Spira fand auch heraus, dass kurz vor der Sperrstunde und nach einigen Glaserln Wein auf Gemüt und Seele oft kein Verlass mehr ist. Da kann es schon passieren, dass ein Herr in gesetztem Alter einer Dame Rosen schenkt, einer anderen aber einen Heiratsantrag macht und ihm niemand seine Verwirrung übel nimmt.