Gesellschaft
Trump gegen China - Amerikas Handelskrieg
Der Handelskrieg, der mit amerikanischen Strafzöllen auf chinesische Produkte begann, hat längst eine höhere Ebene erreicht. Amerika kämpft um seine Technologieführerschaft.
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Von Carsten Meyer
Seit Beginn seiner Amtszeit verschärft Präsident Donald Trump den Ton gegen China. Er macht die aufstrebende Macht für den Verlust von Arbeitsplätzen - besonders in der Industrie - und Amerikas Handelsbilanzdefizit verantwortlich: "Wir dürfen nicht zulassen, dass China unser Land weiter plündert. Das ist der größte Diebstahl der Geschichte!"
Die Folgen sind bekannt. In mehreren Eskalationsstufen hat die Trump-Administration Strafzölle im Volumen von 370 Mrd. Dollar auf chinesische Produkte erhoben, darunter Elektronik, Möbel und Stahl. China schlug mir gleicher Münze zurück und importiert heute beispielsweise mehr Agrarprodukte aus Südamerika.
Bilanz bisher: Das Handelsdefizit der USA mit China ist heute so hoch wie zu Beginn von Trumps Amtszeit, das mit der Welt insgesamt ist gestiegen. Die Rückkehr der Jobs in der Industieproduktion ist ausgeblieben.
Globalisten gegen Nationalisten
Trumps Beraterteam war in Handelsfragen von Anfang an gespalten. Es kann sich nicht einigen, wie man den Spannungen mit China begegnen soll. Die zwei Lager: Globalisten und Nationalisten.
Zu den Globalisten zählten vor allem Leute von der Wall Street, etwa Gary Cohn. Cohn hat mittlerweile entnervt das Handtuch geworfen, war aber eine Zeitlang Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats, mithin Trumps oberster Wirtschaftsberater: Die Anzahl der Arbeitsplätze in der Industrie habe tatsächlich abgenommen, sagt er. Demgegenüber sei die Produktion aber gestiegen. Das sei der Technologie zu verdanken.
"Die Industrie hat sich verändert", so Cohn. "Wir haben auch Millionen Jobs in neuen Branchen geschaffen, die es vor 20 Jahren noch gar nicht gab." Und ergänzt: "Als Globalist und Marktexperte glaube ich, dass eine globalisierte Welt funktionieren kann. Die Frage ist, ob sich beide Seiten ergänzen können. Ich glaube: Ja."
Es kann nur einen geben
Cohns mächtigster Widerpart aus dem Camp der Nationalisten war Steve Bannon, Trumps wichtigster Berater zu Beginn seiner Amtszeit. Zwar haben sich Bannon und Trump seither total verkracht, Bannons Vorstellung vom Umgang mit China ist jedoch geblieben:
"Eine Großmacht ist man nicht allein durch sein Militär, sondern auch durch die Wirtschaft. Und die beruht auf einer starken Produktion." Für die Nationalisten, so Bannon, sei das ein hegemonialer Machtkampf zwischen zwei Systemen, die verschiedener nicht sein könnten. "Nur eins davon wird siegen."
Damit formuliert Bannon den Kern der Spannung, die sich zwischen den USA und China aufbaut. Es geht um die Vorherrschaft - und damit um Technologieführerschaft. Die versucht China mit einer Doppelstrategie zu erringen.
Zwang und Verführung
Zum einen ist da der erzwungene Technologietransfer. "Es gibt aggressive Vorschriften", beschreibt Michael Wessel, Mitglied der US-China-Kommission, Pekings Bedingungen. "Die verlangen, dass ausländische Unternehmen nur über Joint-Ventures mit chinesischen Firmen an den Markt dürfen. Häufig wird auch ein Technologietransfer gefordert. So entwickeln sich chinesische Firmen zu globalen Unternehmen."
Für den zweiten Teil der Strategie nutzt China ganz bewusst den amerikanischen Finanzkapitalismus - und kauft sich mit großen Summen ins Silicon Valley ein. Nirgends entsteht soviel Zukunft wie hier. Und so rückt Amerikas Technologieschmiede ins Zentrum des Handelskriegs.
Finanzstarker Rivale
Ken Wilcox ist Chairman Emeritus der Silicon Valley Bank. Sein Institut sammelt Investorengelder ein und finanziert damit Startups. Das wachsende Interesse aus China an Hightech-Firmen aus dem Valley kennt er aus eigener Erfahrung. "China versucht alles, um sich technologisch unabhängig zu machen. Dazu muss China entweder selbst schneller entwickeln oder jede Menge Technologie aufkaufen." Wilcox beobachtet die Entwicklung mit einigem Unbehagen - sagt aber auch: "Wer Chinas Fortschritt verhindern will, wird scheitern."
Wer auch immer am 3. November die Wahl gewinnt - Trump oder Biden - an der aufziehenden Rivalität zwischen den USA und China wird dies nichts ändern.