Gesellschaft
Avocado - Superfood im Zwielicht
Lecker und gesund - diese Eigenschaften haben der Avocado einen sagenhaften Boom beschert. Und eine Branche reich gemacht. Ein Milliardengeschäft mit bitterem Beigeschmack.
- Produktionsland und -jahr:
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Frankreich 2017
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Die Avocado gilt als wahres Superfood. Sie enthält Kalium, Vitamine, Mineralstoffe und gesunde Fette. Deshalb nimmt der Konsum von Avocados seit Jahren zu. Er hat eine ganze Branche reich gemacht. Ein Blick in die Herkunftsländer der scheinbar so perfekten Frucht hinterlässt hingegen einen bitterem Beigeschmack.
Die größten Produzenten sind Mexiko, die Dominikanische Republik, Peru, Indonesien, Kolumbien, Brasilien, Kenia und die USA. Sie liefern sich einen erbitterten Kampf um Marktanteile.
In Peru ist die Anbaufläche binnen zehn Jahren von 14.000 auf 40.000 Hektar gestiegen. Der Export der begehrten Früchte wird für den Andenstaat und seine 32 Millionen Einwohner eine immer wichtigere Einnahmequelle. Das Land setzt auf Wachstum.
Die Avocado, die aus der Wüste kam
Gewachsen ist auch Agro Cassa, einer der größten Avocado-Produzenten des Landes. Innerhalb von fünf Jahren hat die Firma nahe Barranca mit 1200 Hektar seine größte Plantage aus dem Boden gestampft. Noch vor wenigen Jahren war hier nur Sand. Heute erstrecken sich gigantische Flächen mit Avocado-Bäumen bis zum Horizont.
Die Firma hat alles daran gesetzt, Avocados selbst dort anzubauen, wo sie sonst nie wachsen würden. Eine Armee von Agraringenieuren hat aus der Wüste eine riesige Plantage gemacht.
"Damit ein Avocado Baum jedes Jahr bis zu 250 Früchte trägt, benötigt man erhebliche Menge an Wasser und Dünger", erklärt Plantagenmanager Oscar Albujar. "Wir haben überall unter der Erde Sensoren verlegt. Sie verraten uns, ob die Pflanze mehr oder weniger Wasser braucht. So können wir jederzeit auf die spezifischen Bedürfnisse eines jeden Baumes eingehen."
Das mit dem Wasser ist ein Problem.
Avocado-Plantagen fressen sich in die Anden
Ortswechsel. Auch Chile ist ein Land, das Avocados in alle Welt exportiert. Die Wirtschaft der Provinz Petorca ist dominiert vom Avocado-Anbau. Auch hier überziehen Plantagen kilometerweit die Hügel am Fuße der Anden. Und sie wachsen immer weiter: Tag und Nacht hört man die Bagger, die Stück für Stück die typische Vegetation für noch mehr Avocados roden.
Eine Entwicklung, die Ricardo Sanguesa große Sorgen macht. Der Avocado-Bauer bewirtschaftet eine Fläche von 18 Hektar. Neue Plantagen in der Nachbarschaft bedrohen seine Existenz. "Woher soll das ganze Wasser kommen", fragt er sich. "Vielen Kleinbauern ist das Wasser schon ausgegangen. Sie mussten Kredite aufnehmen, um zu überleben."
Der internationale Markt verlangt nach großen Avocados. Für drei solcher Früchte braucht man 1000 Liter Wasser, doch die Rodungen bedrohen das ökologische Gleichgewicht.
Mehr Avocados, weniger Grundwasser
"Bevor hier im Übermaß Avocados produziert wurden, hatten wir genug Trinkwasser", klagt Sanguesa. "Die großen Unternehmen pumpen das ganze Wasser ab, für Früchte, die groß genug für den Export sind."
Ein Umdenken ist bisher nicht erkennbar. Ein paar Ausnahmen immerhin gibt es: Ivan Aguilera hat seinen Avocado-Anbau auf Bio umgestellt. "Avocados lassen sich gut biologisch anbauen", sagt er. "Sie sind nicht sehr anfällig gegen Krankheiten."
Kompost als Dünger, Solarzellen als Stromquelle, keine Pestizide: Der biologische Anbau ist nicht nur umweltschonend - für Aguilera ist er auch rentabel. Seine Produktionskosten sind gesunken. Und er braucht weniger Wasser. Seine Avocados sind dann allerdings kleiner und können nur auf dem lokalen Markt verkauft werden. Für den Export reicht es nicht.