Gesellschaft

Brexit: Good bye, fish and chips?

Die Fischerei ist nur ein winziger Wirtschaftsbereich in Großbritannien. Dennoch schlägt der Brexit hier große Wellen. Die englischen Fischer zählen zu den stärksten Brexit-Befürwortern - allerdings hat die Sache einen Haken.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland 2019
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 22.03.2024

Steve Barratt ist Kleinfischer aus Ramsgate am Ärmelkanal. Vor fast drei Jahren fuhr er zusammen mit anderen Fischern die Themse hoch und setzte ein Zeichen: für einen harten Brexit.

"Wenn wir rausgehen, dann holen wir uns die Hoheit über unsere Gewässer zurück", sagt er. "Wenn wir einen Vertrag machen, dann macht die EU das nicht mit. Wir müssen raus, das ist das beste für uns Fischer." Heute hofft er noch immer auf den Ausstieg aus der Europäischen Union, auf weniger Papierkram. Vor allem darauf, dass andere EU-Fischer ihm den Fisch nicht mehr wegfangen können.

Doch kurz vor dem eigentlichen Ausstiegstermin ist Barratt nicht mehr sicher, dass sich seine Hoffnungen erfüllen. Er fühlt sich von den eigenen Politikern verraten und zählt die Tage bis zur Rente. Er ist frustriert. Gleichzeitig ist es für ihn selbstverständlich, dass er - wenn der Brexit denn kommt - seinen Fisch weiter nach Frankreich verkauft, wo auch Teile seiner Verwandtschaft leben.

Das Schicksal der Kleinfischer ist das eine, die Macht der Hochseefischer das andere. Sie sind vor allem in Schottland stationiert und haben von der britischen Regierung den größten Teil der Fangquote zugesprochen bekommen. Trotzdem klagen sie, dass die EU-Kollegen zu viel Fisch abgreifen. Und in der Tat: Nur 36% fangen die Briten in ihren Gewässern selbst, 49% hingegen andere EU-Fischer. Aber manchmal lohnt der Blick aufs Detail: Beim Wert des Fisches holen die Briten fast 50%, die EU-Fischer nur 41%.

Vereinfacht gesagt wollen die britischen Fischer raus aus der EU, dann die EU-Kollegen aus den britischen Gewässern verdrängen, den Zugewinn an Fisch aber wieder in die EU exportieren. Schon jetzt gehen drei Viertel der Exporte in Länder der Union. Das will die EU aber nicht zulassen. "Zugang zum Markt bedeutet Zugang zu den Gewässern", sagt Werner Kuhn, Europaabgeordneter der CDU. Er weiß, wie wichtig dieser Zugang für seinen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern ist.

Dort steht ganz im Osten auf Rügen Deutschlands größte Heringsverarbeitung. Vier Fünftel der Rohware kommt vor allem aus britischen Gewässern, also aus der Nordsee. LKW bringen bis zu 40.000 Tonnen jedes Jahr in das Werk der Firma Euro Baltic. Würden die Briten ihre Gewässer dicht machen, käme auf der einen Seite kein Fisch mehr nach Rügen und die dänischen Fischer, die diesen Hering fangen, verlören ihre Arbeit.

Auf der anderen Seite müssten die Briten auch schauen, wie sie ihren eigenen Fischbedarf decken. Denn kurioserweise mögen die Verbraucher dort vor allem Thunfisch oder Kabeljau, der aber gar nicht - oder kaum - in britischen Gewässern gefangen wird. Für das beliebte englische Nationalgericht Fish 'n' Chips müsste der Kabeljau künftig aus der EU importiert werden.

Bilderserie

Die Fischerei ist in der modernen EU, in der globalisierten und arbeitsteiligen Welt keine Ausnahme: Alles ist miteinander verwoben: Fischer, Fischmärkte und Konsumenten lassen sich nicht isoliert betrachten, Märkte kann man nicht einfach abtrennen.

Die Fischerei ist für die gesamteuropäische Wirtschaft zwar nahezu unbedeutend, regional aber wichtig. Als traditionelles Handwerk prägt es das Bild vieler Küstenorte, ist dort fest verwurzelt und spielt eine wichtige emotionale Rolle. Deshalb schauen Politik und Gesellschaft schon hin, wenn die Fischer protestieren.

Je länger man mit Steve Barratt, dem Kleinfischer aus Ramsgate, unterwegs ist, desto klarer wird: Mit jedem Tag schwindet seine Überzeugung, dass die Zukunft besser wird. Und die Zweifel - auch an der eigenen Regierung - werden größer. Er hofft, dass seine Protestfahrt, damals, vor drei Jahren, nicht umsonst war.

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