Film
Edelweiß
Regisseur Xaver Schwarzenberger erzählt die Geschichte einer österreichischen Familie, die von der nationalsozialistischen Vergangenheit der Großeltern eingeholt wird. Der Film skizziert drei Generationen mit drei unterschiedlichen Einstellungen: die Unbelehrbaren, die Verdränger und die Ahnungslosen.
- Produktionsland und -jahr:
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Österreich 2001
- Datum:
Vera und Erich Dorfmeister haben es mit ihrer Apotheke zu Wohlstand gebracht. Nun sind sie in Pension und genießen ihre große Villa, die sie während des Zweiten Weltkriegs im Zuge der groß angelegten Arisierungen "günstig" erstanden haben.
Quelle: ORF/Thalia-Film/Petro Domenigg
Doch so makellos wie es scheint, ist ihr Leben nicht: Isolde, Veras und Erichs Tochter, hat zwar die Apotheke übernommen, steht aber im ständigen Clinch mit ihren Eltern, da deren konservative – um nicht zu sagen nationalsozialistisch eingefärbte – Einstellung sie vor einigen Jahren ihre Ehe mit dem Jazzmusiker Paul Richter gekostet hat. Paul ging aus Protest gegen das radikale politische Klima im Haus seiner Schwiegereltern, Isolde blieb aus falscher Solidarität.
Nach einem Jahr in London kehrt nun Anna, Isolde und Pauls Tochter, heim. Zur allgemeinen Überraschung begleitet sie ein junger Mann, Sid, ihr Freund. Anna hat beschlossen, dass Sid bei ihr und ihren Großeltern wohnen soll. Vera und Erich sind ihm gegenüber sehr skeptisch, zumal der junge Mann kein Schweinefleisch essen will und Klezmermusik spielt. Aber seine guten Manieren und sein offenes Wesen imponieren ihnen, und sie nehmen ihn recht freundlich auf. Dass er Jude ist, merken sie vorerst nicht.
Quelle: ORF/Thalia-Film/Petro Domenigg
Bald jedoch kündigt sich Ari Ben Jacov, genannt Atta, Sids Großvater, an. Er will in Wien an einem Begräbnis teilnehmen. Für Anna ist es selbstverständlich, dass er bei ihren Großeltern wohnen kann, auch wenn Vera sehr offen zum Ausdruck bringt, dass Juden in ihrem Haus nicht erwünscht wären. Als die drei alten Menschen aufeinander treffen, kommt es zum Eklat: Atta erkennt die Villa als sein ehemaliges Eigentum, das seinerzeit arisiert wurde, wovon Vera und Erich profitiert haben. Atta erträgt die Schatten der Vergangenheit nicht und zieht in ein Hotel. Sid begleitet ihn, denn auch er ist schockiert vom unverblümten Hass, den Vera plötzlich an den Tag legt.
In ihrer Verzweiflung über die Trennung von Sid sucht Anna Trost bei ihrem Vater, der sie über die veralteten radikalen Anschauungen ihrer Großmutter aufklärt und ihr die Geschichte des Scheiterns seiner Ehe erzählt.
Für Isolde ist durch den Eklat mit Atta und Annas Verschwinden endlich der Punkt gekommen, sich von ihren Eltern zu lösen, und sie zieht aus.
Vera und Erich bleiben allein in einer leeren Villa zurück. Während Erich den Wert seines Lebens, seiner Beziehung zu Vera und die Sinnhaftigkeit einer fremdenfeindlichen Einstellung hinterfragt, bleibt Vera uneinsichtig. Ihre größte Schande wäre es, sich einzugestehen, dass sie einen Fehler gemacht hat. Und das weiß Vera zu verhindern.
Behutsam, aber schonungslos
Das Unbehagen im Umgang mit dem Thema Nationalsozialismus und Fremdenhass deckt Autorin Ulli Schwarzenberger behutsam, aber nicht ohne Mut auf. "Edelweiß" ist eine brisante Geschichte in einer Zeit, in der sich in einigen Teilen Europas die politischen Fronten verhärten, in der sich das politische und gesellschaftliche Klima radikalisiert. Ulli Schwarzenberger hält einer Gesellschaft den Spiegel vor, die sich bisher in nobler Zurückhaltung geübt hat. Sie skizziert drei Generationen mit unterschiedlichen Einstellungen: die Unbelehrbaren, die Verdränger und schließlich die ahnungslosen Jungen, die gar nicht glauben können, dass es in der heutigen, multikulturellen Gesellschaft noch Menschen geben kann, die Fremdenhass und nationalsozialistisches Gedankengut hochhalten.
Regisseur Xaver Schwarzenberger hat bei dieser bewegenden Familienstudie wieder persönlich die Kameraführung übernommen. Die diffizilen Charaktere werden von hochkarätigen österreichischen und deutschen Schauspielern dargestellt: Neben Erni Mangold, Heinrich Schweiger, Kitty Speiser, Konstantin Wecker, Stefanie Dvorak, Tim Bergmann und Pinkas Braun in den Hauptrollen sind in weiteren Rollen unter anderem Shlomit Butbul, Dagmar Schwarz, Beatrice Frey, Brigitta Antonius und andere zu sehen.
Besetzung:
Mit Erni Mangold (Vera Dorfmeister), Heinrich Schweiger (Erich Dorfmeister), Kitty Speiser (Isolde Richter), Konstantin Wecker (Paul Richter), Stefanie Dvorak (Anna Richter), Tim Bergmann (Sidney Jameson), Pinkas Braun (Ari Ben Jacov) u.a.
Regie: Xaver Schwarzenberger
Drehbuch: Ulli Schwarzenberger