Mann mit Schnurrbart vor den Garagentoren eines Bus Depots.

Film

Nach der Arbeit

Fünf Erzählungen vom Sinn der Arbeit für den Menschen, vom bevorstehenden Ruhestand und davon, welche unerwarteten Möglichkeiten das Leben ohne Arbeit bietet.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland 2022
Datum:
Sendetermin
06.05.2025
04:15 - 06:20 Uhr
Verfügbar in
D / CH / A

Der Dokumentarfilmer Alexander Riedel begleitet Menschen bei ihrem Abschied vom Berufsleben und zeigt einen Schwellenzustand zwischen Existenzkrise und der Erkenntnis, dass nach dem Einschnitt auch wieder ein ganz neues Leben beginnen kann.

Frau, die in einem edlen Restaurant an einem Tisch sitzt und schreibt.
Schauspielerin Jutta hat das Schreiben für sich entdeckt. Ihr Ziel: eine Autobiografie.

Das Nachdenken über den Eintritt ins Rentenalter ist oftmals mit dem Unbehagen verbunden, nicht mehr gebraucht zu werden. Dabei kann das Kommende auch ein Übergang in eine besondere, neue Lebensphase sein, in der alles wieder möglich ist. Wie bei Marion, einer Lehrerin aus einem kleinen Dorf in Thüringen. Sie will nun erst einmal die Welt entdecken - ohne ihren Mann. Jutta ist zwar bereits im Ruhestand, bereitet sich aber auf ihr Comeback als Schauspielerin vor und schreibt ihre Biografie. Auch der Fischer Karl, der Busfahrer Alim und der Stahlarbeiter Hartmut meistern nach und nach ihren Abschied von der Arbeit.

Der so entstehende Reigen wirft einen humorvollen Blick auf das Ende einer Lebensphase und zeigt ebenso erheiternde wie melancholische, in jedem Fall lebensbejahende Geschichten von Abschied, Loslassen und Neuanfang.

Der Filmemacher Alexander Riedel, Jahrgang 1969, absolvierte nach der Schule eine Banklehre, holt dann das Abitur nach und studierte Politik. Später wechselte er an die Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) in München. Während seines dortigen Regie-Studiums arbeitete er an Theater- und Fotoprojekten. 2006 schloss er mit dem Dokumentarfilm "Draußen Bleiben" die Filmhochschule ab. Gemeinsam mit dem ZDF koproduzierte er seinen Debütfilm "Morgen das Leben" (2010) und den Kurzfilm "Kiran" (2012) für die 3sat-Reihe "Fremde Kinder".

Interview mit Filmemacher Alexander Riedel (2023)

Wie kamen Sie auf die Idee die Lebensphase des Transits in den Ruhestand zu dokumentieren?

Alexander Riedel bei den Dreharbeiten zu seinem neuen Film in der Wüste Namibias
Alexander Riedel bei Dreharbeiten in der Wüste Namibias

Mich interessieren bei meiner filmischen Arbeit in erster Linie die Lebensumstände der Menschen und deren Veränderungen - Umbrüche, Übergänge und Fluchten im Leben. Diese Momente sind es, die uns prägen und aus denen wir viel lernen können. Schon bei meinem Film "Nachtschicht" ging es wie auch bei "Nach der Arbeit" zunächst um die Arbeit - damals in einer Großdruckerei. Dann aber auch um die Situation, dass ein Großteil der Belegschaft der Nachtschicht auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen entlassen werden sollte. Ich selbst war damals Teil der Belegschaft, weil ich im Rahmen meines Filmstudiums dort arbeiten konnte. So hatte ich sehr schnell einen direkten Kontakt zu den Menschen, die unmittelbar von den Ereignissen betroffen waren, und es entstand ein erstes intensives Porträt in Form eines langen Dokumentarfilms. Seitdem begebe ich mich immer wieder auch auf die Suche nach derart Phasen im Leben. Der Transit in den Ruhestand ist so eine Herausforderung, die uns allen bevorsteht - egal ob wir mit vollem Einsatz und hoher Motivation arbeiten, oder einen Job erledigen, der in erster Linie nur Geld bringen soll. Diese Phase bringt so viel Veränderungen mit sich und ist so einschneidend, dass ich davon erzählen wollte und ihr letztlich drei Jahre meiner Arbeitszeit gewidmet habe.

Zu Beginn des Films erzählen Sie von der Zeit, als Ihr Vater in den Ruhestand gegangen war. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihren eigenen Ruhestand? Gibt es etwas, das Sie anders machen möchten als Ihr Vater?

Na ja, mein Vater ist ja nun sein Leben lang nicht in den Ruhestand gegangen. Er hat diese Lebensphase anders gefüllt. Hat sich stattdessen immer wieder neu erfunden, auch nach dem gesetzlichen Rentenalter weiter verschiedene Berufe ausgeübt und sich immer wieder neuer Arbeit gestellt - bis ins hohe Alter. Ich habe meine Leidenschaft fürs Filmemachen mit dem Studium gefunden und arbeite seitdem daran, dies in unterschiedlichen Formen umzusetzen. Auch ich muss mich immer wieder neuen Herausforderungen stellen, neue Wege gehen und neue Formen der Umsetzung finden. Die Arbeit an diesem Film und das Beispiel meines Vaters hat mir nochmal gezeigt, dass es um die Leidenschaft geht, mit der wir die Dinge im Leben machen, und das gilt ganz besonders für die Arbeit, mit der wir uns ja ein Leben lang definieren. Das gilt sowohl für die aktive Zeit der Arbeit, als auch für den Moment des Loslassens. Nachdem ich seit meinem Filmstudium selbständig arbeite, ist auch bei mir erstmal kein Ende in Sicht, aber das ist auch gut so.

Wie sind Sie auf Ihre Protagonistinnen und Protagonisten gestoßen? Gab es ein bestimmtes Auswahlverfahren?

Ja, das gab es. Wir haben im Vorfeld intensive Recherche betrieben und dann auch dokumentarische Castings durchgeführt. Anders als beim Spielfilm geht es beim Dokumentarfilm ja nicht nur darum, eine Rolle bestmöglich zu besetzen, sondern auch darum, ein echtes Vertrauen zu gewinnen, das sich dann auch - bestmöglich - vor der Kamera intensiviert und über die ganze Drehzeit hält. Wir hatten bei "Nach der Arbeit" eine außergewöhnlich lange Drehzeit, und so ging es auch darum, Menschen zu finden, die das durchhalten würden. Neben den unterschiedlichen Berufen waren uns besonders auch die äußeren Lebensumstände der möglichen Hauptfiguren wichtig: In welchen Verhältnissen leben sie? Welchen Zwängen unterliegen sie? Welche Pläne haben sie für die Zeit nach der Arbeit? Und vieles mehr. So machten wir uns auf die Suche, und ich ging ich los und traf erste mögliche Hauptfiguren für den Film in ihrem eigenen Umfeld, während der Arbeit und zu Hause. Zunächst mit dem Fotoapparat, später mit der Filmkamera und dem Team. So kam es zu unterschiedlichen Begegnungen, die zu der jetzigen Auswahl an Geschichten führten, die wir im Film sehen. Ich erzähle das auch im Film. Wie ich die Menschen kennengelernt habe, und was diese Geschichten mit mir zu tun haben.

Sie sagen im Film, dass Sie sich in vielen der gezeigten Geschichten wiederfinden konnten. Welche Geschichte hat Sie persönlich am meisten berührt?

Der Film erzählt in Episoden von der Arbeit und dem Ausstieg aus der Arbeit. Vieles hat mich an die Zeit erinnert, als ich noch ein Kind war und mein Vater vor derart Entscheidungen stand. Was mich sehr berührt hat und bis heute berührt, ist das Vertrauen, dass mir von allen, die für dieses Projekt so lange vor der Kamera agierten, entgegengebracht wurde. Das hat sich auch auf den Filmfestivals und bei den Kinoaufführungen gezeigt. Seit der Uraufführung auf den Hofer Filmtagen begleiten wir den Film und führen nach den Aufführungen gemeinsam mit den Hauptfiguren des Films Gespräche mit dem Publikum. Ich weiß nicht wie oft Jutta Kammann, die eine der Hauptfiguren ist, den Film mittlerweile schon gesehen hat, bestimmt öfter als ich. Und immer wieder gibt es nach einer Vorführung neue Erkenntnisse und gute Gespräche mit ihr und dem Publikum.

Welches Ereignis während der dreieinhalb Jahre Drehzeit ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Während der langen Drehzeit ist so viel passiert, und immer wieder standen wir vor spannenden Herausforderungen. Ich wüsste jetzt gar nicht, was mir besonders in Erinnerung geblieben ist. So vieles war während der langen Drehzeit besonders. Aber es gibt einen Moment, als der Film schon fertig war, der mir persönlich sehr im Gedächtnis geblieben ist. Wir präsentierten den Film im Rahmen des "DOK.fest München" in einem großen Kinosaal. Der Moment, als meine ältere Tochter nach der Aufführung zu mir auf die Bühne kam und mich stolz umarmte. Sie hatte den fertigen Film zum ersten Mal in voller Länge gesehen. Das war in gewisser Weise auch der Abschluss meiner Perspektive, die ich während der Drehzeit eingenommen hatte. Ihr Blick auf meine Arbeit hatte die Rollen vertauscht. Ich blickte nicht länger aus der Sicht des Kindes zurück auf die Arbeit und das Leben meines Vaters. Ich fühlte mich gefordert, ihrem kindlichen Blick auf die Welt zu folgen. So entstand auch die Idee für mein neues Filmprojekt ("Wind - Die Vermessung des großen Luftozeans", Anm. d. Red.), bei dem wir vom Wind erzählen und Menschen kennenlernen, die dem Klimawandel etwas entgegensetzen wollen. Der Wind ist es, der ungeachtet aller menschlichen Grenzen unaufhörlich über alle Kontinente hinwegfegt und uns somit alle verbindet, jeden Tag aufs Neue - heute und für die kommenden Generationen.

Interview: Nina Körber, 2023

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