Film

Ab 18! - Emrah und das Glück

Nach seiner Abschiebung aus Deutschland jobbt Emrah auf einer Baustelle in Belgrad. Noch immer hat er keinen festen Wohnsitz und keine Papiere. Aber er hofft auf das Glück.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland 2022
Datum:
Verfügbar in
D / CH / A
Verfügbar bis:
bis 12.11.2023

Fortsetzung des "Ab 18!"-Films "Bella Palanka" (2018) über einen charismatischen jungen Rom, der wegen mehrerer Delikte aus Deutschland ausgewiesen worden war und sich nun in Serbien als Tagelöhner verdingt. Doch sein Überlebenswille ist weiterhin ungebrochen.

Mehr als vier Jahre nach dem ersten Kennenlernen besuchen Johanna Bentz und ihre Kamerafrau Julia Schlingmann Emrah erneut in Serbien. Mittlerweile lebt Emrah mit seinem Kumpel Rocki, der ebenfalls in Deutschland aufgewachsen ist, in einem möblierten Zimmer in der serbischen Haupstadt Belgrad.

Im Sommer, wenn es Arbeit für ungelernte Hilfsarbeiter auf den Baustellen gibt, kommen die beiden einigermaßen über die Runden. Nur im Winter, wenn die Jobs knapp sind und kein Geld mehr für Miete und Kohle da ist, wird es schwierig.

Manchmal überlegen sie, nach Deutschland zurückzukehren. Möglicherweise aber kommt das Glück irgendwann auch nach Belgrad, so ist ihre Hoffnung. Auch träumt Emrah noch immer davon, einmal in seinem Leben richtig Urlaub machen zu können.

Johanna Bentz wurde in München geboren. Sie studierte von 2006 bis 2012 an der Filmakademie Baden-Württemberg. Ihre Filme "Drei Frauen für Toni" (2010) und "Die Verführungskünstler" (2013) wurden mit dem "Caligari"-Förderpreis ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie 2013 den Baden-Württembergischen Filmpreis. Seit 2012 arbeitet sie als Autorin und Regisseurin für Film und Radio. Ihre "b 18!"-Produktion "Bella Palanka" war 2019 für den Grimme-Preis nominiert worden.

3sat zeigt den Dokumentarfilm "Emrah und das Glück" im Rahmen der Reihe "Ab 18!", in der Regisseurinnen und Regisseure mit außergewöhnlichen filmischen Handschriften Geschichten vom Erwachsenwerden erzählen.

Interview mit Filmemacherin Johanna Bentz

Sie haben 2018 bereits für unsere "Ab 18!"-Reihe "Bella Palanka" gedreht, ebenfalls über Emrah. Was fasziniert Sie so an ihm?

Porträtfoto Johanna Bentz
Johanna Bentz

Für mich ist Emrah ein sehr interessanter Protagonist und Mensch: Auf der einen Seite hat er wirklich einige Talente, ist zum Beispiel sozial unglaublich intelligent und lustig. Auf der anderen Seite gelingen ihm die einfachsten Dinge nicht, verschließt er sich selbst immer wieder Türen, weil er keinen langen Atem hat und Disziplin für ihn schwierig ist. Emrah verschwendet kaum einen Gedanken an das Morgen oder Übermorgen und lebt deshalb ein Leben mit vielen Tiefen und wenig Höhen, am absoluten Existenzminimum. Jeden Tag muss er sich durchschlagen - da bleibt wenig Luft für anderes.

Warum eine zweite Beschäftigung?

Mich hat interessiert, wie Emrah das all die Jahre meistert. Meistens erzählen wir ja eine Entwicklung in einem Film. Die "Heldenreise" wird ja fast immer verlangt, andere Erzählstrategien haben es nicht leicht. In Emrahs Fall habe ich nach dem ersten Dreh immer wieder gehofft, dass er es irgendwie schafft, sich aus seiner stagnativen Situation zu befreien. Mit Geld und Kontakten habe ich immer wieder versucht, ihn zu unterstützen. Aber irgendwie hat das nie geklappt. Einerseits, weil die bürokratische Situation in Serbien natürlich nicht einfach ist, andererseits muss man ganz klar sagen: Es wäre absolut möglich gewesen. Doch Emrah steht sich immer wieder selbst im Weg. Mit dem Ergebnis, dass er eigentlich kaum einen Schritt vorwärts gekommen ist.

Ich wollte gern einen Film machen, der genau das erzählt. Der diese Mischung aus Zwängen, Pech und Charakter einfängt. Einen Film, der von den Leuten erzählt, die eben keine große Entwicklung machen, sondern sich immer wieder neu aufrappeln, jeden Tag aufs Neue. Ich wollte eine Dramaturgie für diesen Zustand finden, die das Leben anders betrachtet: weniger als progressive Entwicklung mit Zielen und Wünschen, sondern als Sein in der Welt, wo eigentlich sehr wenig passiert. Und trotzdem ist so eine Geschichte wichtig zu erzählen, denn die wenigsten von uns setzen sich in den Kopf, zum Mond zu fliegen und machen das dann auch.

Was war beim zweiten Dreh anders?

Bei dem zweiten Film hatten wir natürlich eine gemeinsame Erfahrung, auf die wir zurückgreifen konnten. Das hat zum Beispiel die Kommunikation erleichtert, und natürlich habe ich durch meinen letzten Film auch sein Vertrauen gehabt, dass was "Ordentliches" dabei rauskommt. Außerdem hatten wir dieses Mal von Anfang an einen Aufnahmeleiter vor Ort dabei. Das hat vieles erleichtert.

Dieses Mal lassen Sie Emrah seinen eigenen Kommentar sprechen, im ersten Film hatten Sie Spielszenen, in denen er sich selbst nachspielt. Warum diese zusätzlichen formalen Ebenen?

Der Kommentar erzählt lakonisch seine Geschichte. Im Kommentar habe ich verarbeitet, was er mir erzählt hat und was sich filmisch in so kurzer Zeit nicht einlösen lässt. Außerdem wollte ich auch einige unbequeme Wahrheiten und Selbstreflexionen einfließen lassen, um dieses ambivalente Bild, das ich von ihm habe, auch wirklich erzählen zu können. Mich interessieren in Filmen eben vor allem die Grautöne. Ich wollte kein klassisches Sozialdrama mit ihm als Opfer drehen. Der Kommentar hat sich da angeboten, um ihn vielschichtig zu erzählen und gleichzeitig zu verdichten.

Ihr Team bestand ausschließlich aus Frauen. War das eine bewusste Entscheidung?

Nein. Aber ich arbeite einfach gern mit Frauen! Julia Schlingmann, die Kamerafrau, hat mit mir schon "Bella Palanka" gedreht, sie wusste also worauf sie sich einlässt. Ich schätze Julia wirklich als großartige Kamerafrau, die völlig unprätentiös tolle Bilder dreht und dabei mitdenkt. Mit Valesca Peters habe ich schon meinen Diplomfilm geschnitten, auch da gab es ein sehr gutes Vertrauensverhältnis. Katrin Springer, die Produzentin, ist neu dazu gekommen. Sie hat viele wichtige Fragen gestellt und hat sich voll eingebracht, das war gut für den Film. Vor Ort haben wir mit einem serbischen Aufnahmeleiter gearbeitet. Wir haben uns in einer reinen Männerwelt bewegt, da war die Anwesenheit eines älteren Herren oft hilfreich, das wusste ich bereits von dem Dreh davor. Letztendlich suche ich mir für das Team immer Menschen, die richtig tolle Arbeit machen und wo die Chemie stimmt. So kam auch der Komponist Matthias Klein dazu, mit dem ich auch davor schon erfolgreich zusammen gearbeitet habe.

Interview: Nicole Baum

Stab

  • Regie - Johanna Bentz
  • Autor - Johanna Bentz
  • Kamera - Julia Schlingmann
  • Schnitt - Valesca Peters, Johanna Bentz
Film -

Ab 18! - Bella Palanka

Ein serbisches Dorf als Auffanglager für abgeschobene Straftäter aus Deutschland und Österreich: Emrah ist schon mehr als ein Jahr in Bela Palanka und will schnellstmöglich weg.

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