Dokumentation
KwaZulu-Natal - Der Mythos vom wilden Land
Auf der Suche nach dem entscheidenden Mehrwert setzt das Zulu-Land auf die Ressourcen Kultur und Geschichte.
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Ökotourismus gilt auch in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal als Königsweg, um die großen Probleme der Landflucht, Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen. Doch der Kruger Nationalpark in den benachbarten Provinzen Limpopo und Mpumalanga ist dabei ein fast übermächtiger Konkurrent. Die Dokumentation "KwaZulu-Natal - Der Mythos vom wilden Land" von Werner Zips und Manuela Zips-Mairitsch widmet sich den Sichtweisen der Betroffenen zur Vermarktung ihrer Kultur und Geschichte sowie deren möglichen Konsequenzen.
Quelle: ORF/Manuela Zips-Mairitsch
Doch wie lassen sich alte Klischees vom "wilden Volk im wilden Land" zu neuen zugkräftigen Images verdichten, die überdies den Anliegen des heutigen Südafrika gerecht werden? Die Antwort auf diese Frage muss ambivalent ausfallen, da die Vermarktung von lebenden Kulturen so gut wie immer auch Kosten mit sich bringt. Wann lässt der Ethnotourismus die täglich an unzähligen Orten aufgeführten Kriegs- und Initiationstänze der Zulu zu Masken erstarren? Was passiert, wenn der Wert kultureller Traditionen einen Preis erhält? Welche Risiken sind also mit der Einladung an Menschen aus aller Welt verbunden, sich auf einen kurzen "Walk on the Wild Side" im Land der Zulus zu begeben?
Jedenfalls ist es gelungen, zumindest zehntausende Besucher jährlich zu den historischen Schlachtfeldern im Krieg zwischen Briten und Zulus umzuleiten. Direkt am Ort der historisch schwersten Niederlage des britischen Empire in den Kolonien - in der Schlacht von Isandlwana - schildern engagierte Zulu-Guides tagsüber die blutrünstigen Details der Ereignisse. Am nächtlichen Lagerfeuer geben sich die überwiegend europäischen Touristen dann den Tänzen einer Zulu Kulturgruppe hin. Kaum eine Lodge, die nicht ein eigens geschaffenes Zulu Dorf als "lebendes Museum" für die angeblich "authentischen Erlebnisse" anbietet. Gängigen Klischees folgend, führen Zulu-Tanzgruppen dort ihre Kriegstänze auf und lassen ihre fiktiven Kranken von einem "Medizinmann" (Sangoma) heilen. So ganz sicher scheinen sich die Konsumenten dieser Kulturvorführungen aber auch nicht zu sein, wo sie der "Blick in eine wilde Vergangenheit" hinführt.
Quelle: ORF/Manuela Zips-Mairitsch
Letztlich unterscheidet sich die Inszenierung einer "exotischen fremden Kultur" nur wenig von der Inszenierung einer unberührten Wildnis wie sie der "Big Five" Tourismus in den Wildreservaten hervorbringt. In beiden Fällen knüpfen die Repräsentationen an die bestehenden Vorurteile zum "wilden Kontinent" Afrika an. In KwaZulu-Natal existieren aber auch Bemühungen, die betroffenen Gemeinschaften soweit in ihre eigene Vermarktung miteinzubeziehen, dass sie gestaltend auf den Abbau der Vorurteile eingreifen können. Zumindest sollen sie an den Einnahmen aus dem Ethnotourismus teilhaben, der auf ihren kulturellen Überlieferungen beruht.
Die viel beschworene Politik der Gemeinschafts-orientierten Entwicklung (Community-based Development) soll all jene im früheren Apartheidsstaat ausgeschlossenen Gurppen an den sie betreffenden Entscheidungen beteiligen. Damit die Einladung zum "Walk on the Wild Side" nicht zur Einbahnstraße wird. Wie sonst ließen sich die alten Stereotypen widerlegen als in der unmittelbaren Konfrontation? In KwaZulu-Natal werden mitunter "unberührte Wildnisse" neu geschaffen, indem ertragsschwache Rinderfarmen zu Boutique-Reservaten umgeformt werden. Nashörner, Elefanten, Löwen usw. werden zugekauft und längst verloren geglaubte Naturlandschaften wiederhergestellt. Mit der Zustimmung der angrenzenden Gemeinschaften werden so auch hoch qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen. Denn kaum eine Ressourcennutzung benötigt soviel menschliches Knowhow und gezieltes Management wie die "renaturalisierte Wildnis". Öko- und Ethnotourismus sollen sich in KwaZulu-Natal zu den beiden Standbeinen für die wirtschaftliche Ermächtigung der Bevölkerungsmehrheit entwickeln.